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Energie: Megabatterie für die Flauten

Erneuerbare Energien haben einen großen Nachteil: Abhängig vom Wetter schwankt die Produktion. Große Stromspeicher könnten Abhilfe schaffen, doch noch fehlt es an geeigneten Speichermedien. Das soll sich jetzt ändern.
Strommasten
Mit Blick auf den Klimaschutz werden in Europa Wind- und Solarkraft massiv ausgebaut: Allein in Deutschland trugen erneuerbare Energien im vergangenen Jahr 16 Prozent zur Stromversorgung bei – bis 2020 soll der Anteil auf 30 und bis 2050 sogar auf 50 Prozent steigen. Das Problem: Die Produktion von Wind- und Solarenergie schwankt stark und ist schwer vorherzusagen, weil sie von den Wetterverhältnissen abhängt. Im letzten Januar gab es Tage, an denen von den installierten 25 000 Megawatt an Windkraft nur 500 Megawatt am Netz waren.

Das ist jedoch teuer. Die Versorger müssen Gas- oder Kohlekraftwerke bereithalten, die sie flexibel hoch- und herunterfahren können, um die Schwankungen abzufangen, das Netz stabil zu halten und die erneuerbaren Energien bei Bedarf komplett zu ersetzen. Zurzeit werden in Deutschland 7000 Megawatt zur Reserve vorgehalten – rund sieben Kernkraftwerke.

Stromversorger und Batteriehersteller arbeiten deshalb mit Hochdruck an der Lösung des zentralen Problems der alternativen Energien: ihrer hohen Unzuverlässigkeit. Der Essener Industriekonzern Evonik zum Beispiel will nun die weltweit größte Lithiumionenbatterie bauen, mit der Strom aus erneuerbaren Quellen im großen Stil gespeichert werden kann, um so die Versorgung zu verstetigen. Sie soll auf eine Leistung von einem Megawatt kommen und später auf zehn Megawatt erweitert werden: Damit könnten künftig mehrere tausend Haushalte mit Strom versorgt werden.

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"Um die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien besser zu nutzen, brauchen wir die Stromspeicherung", fordert auch RWE-Chef Jürgen Großmann. "Wir benötigen neue Speicherkapazitäten und neue Speichertechnik", schließt sich Hildegard Müller an, die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Mit Nachdruck forschen verschiedene Firmen bereits seit Jahren, um diesem Manko abzuhelfen. RWE etwa arbeitet mit Partnern – unter anderem dem Technologiekonzern General Electric – an einem Druckluftspeicher. Er soll in Zeiten, in dem das Stromangebot zu hoch ist, Luft komprimieren und in unterirdische Kavernen pressen. Steigt der Strombedarf, kann diese Druckluft unter Nutzung der zuvor gespeicherten Wärme zur Stromerzeugung in einer Turbine verwendet werden. Japanische Hersteller haben sogar schon große Batterien im Megawattbereich entwickelt: Die verwendete Natrium-Schwefel-Technik ist aber noch zu ineffizient.

Evonik ist hier offenbar schon weiter. Die verwendeten Zellen sollen einen Wirkungsgrad von rund 96 Prozent haben, und die Selbstentladung – der Eigenbedarf – ist gering. Die Tüftler der Firma verbinden dazu Keramikmaterialien mit hochmolekularen Ionenleitern, um eine möglichst hohe Sicherheit bei gleichzeitig geringem Platzbedarf zu garantieren. Mit einer Speicherkapazität von rund 700 Kilowattstunden wird die Batterie etwa 40- bis 50-mal so groß sein wie die von Elektrofahrzeugen. Der Großspeicher hat einen Umfang von zwölf Meter Länge und je rund 2,5 Meter Breite und Höhe bei einem Gesamtgewicht von fünf Tonnen.

Evonik testet die Technik zunächst bei einem eigenen, konventionellen Kraftwerk am Standort Fenne im saarländischen Völklingen. Der Bau des Prototyps ist beschlossen, im ersten Halbjahr 2011 soll der Speicher stehen. Noch ist es ein mit Bundesmitteln gefördertes Forschungsprojekt, Ziel ist aber die "wirtschaftlich-technische Realisierbarkeit von Großbatterien für stationäre Anwendungen", wie es im Unternehmen heißt. "Hier eröffnet sich für uns ein neuer Milliardenmarkt mit zweistelligen Wachstumsraten", so die Firmenbegründung. Man wolle dabei ein führender Anbieter werden, denn schließlich winkt ein Marktvolumen von über zehn Milliarden Euro: Allein in Deutschland liege der Bedarf an modernen Speichersystemen im hohen dreistelligen Megawattbereich.

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