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Materialwissenschaft: Mehr Reibung an dünnen Schichten

Mit der Entwicklung immer kleinerer Bauteile für Nanomaschinen müssen Forscher die Eigenschaften ihrer Werkstoffe neu erforschen, denn auf den geringen Größenskalen verhalten sich selbst vertraute Materialien völlig anders aus in der makroskopischen Welt. Ein interessantes Beispiel für diesen Effekt haben jetzt Forscher bei der Untersuchung gängiger Schmierstoffe gefunden. Sie untersuchten Materialien wie Graphit, die Reibung reduzieren, indem ihre Schichten leicht gegeneinander gleiten. Sie sind als Schmierstoffe für Nanomaschinen von besonderem Interesse – in so kleinen Bauteilen kann man keine flüssigen Schmiermittel verwenden, weil diese Stoffe zwischen den beweglichen Teilen herausgedrückt werden. Aber auch die Feststoffe haben in der Welt des Allerkleinsten ihre Tücken, stellten die Forscher fest: Unterhalb einer kritischen Dicke von etwa fünf Atomlagen steigt die Reibung dieser Materialien stark an und wird bei einer einzigen Lage maximal.

In den Experimenten führten Wissenschaftler um Robert Carpick von der University of Pennsylvania die Nadel eines Rasterkraftmikroskops über verschieden dicke Schichtstapel aus Graphen, Molybdensulfid, Niobselenid und hexagonalem Bornitrid, dessen Struktur der des Graphits ähnelt. Abgesehen davon, dass alle diese Stoffe wegen ihrer Schichtstruktur als Schmiermittel geeignet sind, decken sie eine große Bandbreite elektronischer und physikalischer Eigenschaften ab. Nichtsdestotrotz gilt der Trend zu stärkerer Reibung unabhängig von den Stoffeigenschaften.

Die Ursache dafür ist, dass sich Materialien auf dieser Größenskala anders verhalten als in makroskopischen Anwendungen. So gleiten nach Angaben der Forscher in diesen Experimenten die Schichten nicht irreversibel gegeneinander, wie es beim makroskopischen Schmiereffekt der Fall ist. Es gebe vielmehr Indizien dafür, dass die Lagen während eines Teiles des Haft-Gleit-Zyklus gegeneinander verschoben werden und danach zurückfedern. Dieser Effekt, der bei weniger Lagen ausgeprägter ist, erhöht die Reibung, statt sie zu verringern.

Als eigentlichen Grund für das veränderte Verhalten vermuten die Wissenschaftler, dass die erhöhte Reibung mit der geringeren Biegesteifigkeit der dünneren Lagen sowie mit den Anziehungskräften zwischen Mikroskop und Probe zu tun hat. Demnach können sich dünnere Schichten besser aus der Ebene wölben und sich an die Form der Mikroskopspitze anschmiegen, so dass die Kontaktfläche größer ist. Für diese These spricht auch der Umstand, dass Graphenschichten, die auf frische Spaltflächen des Minerals Glimmer aufgebracht werden, keine zunehmende Reibung mit geringerer Schichtdicke zeigen: Die Haftung zwischen Glimmer und Graphen ist viel stärker als an der Mikroskopspitze, so dass sich die Schicht der Sonde nicht entgegenwölbt.(lf)
  • Quellen
Carpick, R. et al.: Frictional Characteristics of Atomically Thin Sheets. In: Science 328, S. 76–80, 2010.

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