Verhaltensbiologie: Mein Duft, dein Duft?
Blut ist dicker als Wasser, davon singen selbst Fische ein Lied. Nur - wie soll ein Stahlblauer Sonnenbarsch im regen Haufen seiner Nestgenossen und angesichts höchst promiskuitiver Eltern erkennen, wer ihm nun am nächsten steht? Ganz einfach: immer der Nase nach.
Viel ist derzeit die Rede von Patchworkfamilien, in denen Elternteile und Kinder bunt durcheinander gewürfelt eine neue Variante von Familie leben – meist mit Erfolg, aber auch mit einigen Problemen. Schließlich sind die alten Bande zwischen Mutter, Vater und Kind in gewisser Weise aufgebrochen; neben Bruder und Schwester treten Halbgeschwister und gänzlich unverwandte Altersgenossen, während sich die klassischen Bezugspersonen plötzlich auf mehrere Haushalte verteilen. Keine einfache Aufgabe für alle Beteiligten, mit der Situation zurecht zu kommen – aber machbar.
Für Stahlblaue Sonnenbarsche (Lepomis macrochirus) ist das ein alter Hut. Die nordamerikanischen Fluss- und Seebewohner pflegen sowieso ein eher ungewöhnliches Partnerschaftsverhalten: Die Männer bauen ein Nest, in dem sie die Weibchen erwarten, die nach ihrer Eiablage sofort wieder das Weite suchen – und das nächste Nest. Die Aufzucht des Nachwuchses überlassen sie ganz dem Papa. Dieser wiederum hat nichts gegen Kinder von mehreren Müttern einzuwenden. Wohl aber gegen Kuckuckssprösslinge von Artgenossen, die sich dazwischen mogelnd auch etwa ein Fünftel der Eier befruchten und so auf eigenen Nestbau verzichten.
Fazit für eine frisch geschlüpfte Fischlarve jedenfalls ist: Ihr nächstes Gegenüber kann Geschwister, Halbgeschwister oder gar nicht mit ihr verwandt sein. Die Einordnung aber ist durchaus von Interesse. Denn wie so oft zitiert, geht es vor allem darum, die eigenen Gene weiterzugeben – und das nicht unbedingt nur direkt, auch das hilfreiche Händchen für die Verwandtschaft zählt. Doch dazu muss Klein-Sonnenbarsch seine Verwandten erst einmal erkennen. Nur wie?
Eine Frage, die sich dem Nachwuchs des Nestbauers nicht unbedingt stellt. Sie sind sowieso in der überwiegenden Mehrzahl – die Wahrscheinlichkeit, dass der Kompagnon bei der Nahrungssuche ein echter Bruder ist, liegt sehr hoch. Wie Timothy Hain und Bryan Neff von der Universität von West-Ontario in Kanada mit Hilfe künstlicher Befruchtung und gezielter Familienplanung herausfanden, machen sie daher auch keinen Unterschied nach Verwandtschaftsgrad, zu wem sie sich gesellen.
Die Kuckuckskinder jedoch differenzierten genau: Im Aquarium orientierten sie sich zuverlässig näher an Duftquellen, die von echten Geschwistern stammten, während sie Halbgeschwister und nicht Verwandte links liegen ließen. Das gelang ihnen sogar, wenn sie mit chemischen Signalen von Brüdern und Schwestern konfrontiert wurden, die nicht ihre Kinderstube geteilt hatten.
Und wie erkennen die Tiere bei ihrer Suche nach der Nadel Geschwister im Heuhaufen Jungfische, dass der chemische Fingerzeig von engen Verwandten stammt? In ihrer Patchworkfamilie strömen schließlich alle möglichen Duftsignale auf sie ein. Vertraute Muster oder frühkindliche Prägung à la Lorenz fallen also aus, sonst hätten sie auch Vorlieben für nicht verwandte Nestgenossen zeigen müssen – doch Fehlanzeige. Bleibt nur der Vergleich eigener Eigenschaften mit denen eines Gegenübers, folgern Hain und Neff: Passt der eigene Duft zum erschnüffelten, dann steckt da wohl ein Bruder oder eine Schwester dahinter.
Dieser interne Abgleich biete die einzig sichere Methode für Nachwuchs promiskuitiver Eltern, die engsten Geschwister herauszupicken – insbesondere wenn die Wahrscheinlichkeit, auf Verwandte zu treffen, sehr niedrig liegt. Denn auch die Sprösslinge der Nestbauer, die ihresgleichen nicht suchen, weil es so viele davon gibt, dürften die Schnüffeltestfähigkeiten in den Genen tragen, erklären die Autoren. Offenbar seien aber die Kosten für die Prüfung höher als der Nutzen, den sie daraus ziehen – weshalb sie verzichten.
Auch einige Studien an anderen Tieren weisen auf den erfolgreichen Einsatz des Selbst als Kontrolle hin. Sogar der Mensch steht dabei: Vielleicht erschnüffeln Frauen so einen Partner, dessen Immunsystem dem ihren möglichst komplementär ist und so den Sprösslingen eine optimale Ausstattung bietet, vermuten Wissenschaftler. Die Ursachen für Patchworkfamilien aber liegen woanders.
Für Stahlblaue Sonnenbarsche (Lepomis macrochirus) ist das ein alter Hut. Die nordamerikanischen Fluss- und Seebewohner pflegen sowieso ein eher ungewöhnliches Partnerschaftsverhalten: Die Männer bauen ein Nest, in dem sie die Weibchen erwarten, die nach ihrer Eiablage sofort wieder das Weite suchen – und das nächste Nest. Die Aufzucht des Nachwuchses überlassen sie ganz dem Papa. Dieser wiederum hat nichts gegen Kinder von mehreren Müttern einzuwenden. Wohl aber gegen Kuckuckssprösslinge von Artgenossen, die sich dazwischen mogelnd auch etwa ein Fünftel der Eier befruchten und so auf eigenen Nestbau verzichten.
Fazit für eine frisch geschlüpfte Fischlarve jedenfalls ist: Ihr nächstes Gegenüber kann Geschwister, Halbgeschwister oder gar nicht mit ihr verwandt sein. Die Einordnung aber ist durchaus von Interesse. Denn wie so oft zitiert, geht es vor allem darum, die eigenen Gene weiterzugeben – und das nicht unbedingt nur direkt, auch das hilfreiche Händchen für die Verwandtschaft zählt. Doch dazu muss Klein-Sonnenbarsch seine Verwandten erst einmal erkennen. Nur wie?
Eine Frage, die sich dem Nachwuchs des Nestbauers nicht unbedingt stellt. Sie sind sowieso in der überwiegenden Mehrzahl – die Wahrscheinlichkeit, dass der Kompagnon bei der Nahrungssuche ein echter Bruder ist, liegt sehr hoch. Wie Timothy Hain und Bryan Neff von der Universität von West-Ontario in Kanada mit Hilfe künstlicher Befruchtung und gezielter Familienplanung herausfanden, machen sie daher auch keinen Unterschied nach Verwandtschaftsgrad, zu wem sie sich gesellen.
Die Kuckuckskinder jedoch differenzierten genau: Im Aquarium orientierten sie sich zuverlässig näher an Duftquellen, die von echten Geschwistern stammten, während sie Halbgeschwister und nicht Verwandte links liegen ließen. Das gelang ihnen sogar, wenn sie mit chemischen Signalen von Brüdern und Schwestern konfrontiert wurden, die nicht ihre Kinderstube geteilt hatten.
Und wie erkennen die Tiere bei ihrer Suche nach der Nadel Geschwister im Heuhaufen Jungfische, dass der chemische Fingerzeig von engen Verwandten stammt? In ihrer Patchworkfamilie strömen schließlich alle möglichen Duftsignale auf sie ein. Vertraute Muster oder frühkindliche Prägung à la Lorenz fallen also aus, sonst hätten sie auch Vorlieben für nicht verwandte Nestgenossen zeigen müssen – doch Fehlanzeige. Bleibt nur der Vergleich eigener Eigenschaften mit denen eines Gegenübers, folgern Hain und Neff: Passt der eigene Duft zum erschnüffelten, dann steckt da wohl ein Bruder oder eine Schwester dahinter.
Dieser interne Abgleich biete die einzig sichere Methode für Nachwuchs promiskuitiver Eltern, die engsten Geschwister herauszupicken – insbesondere wenn die Wahrscheinlichkeit, auf Verwandte zu treffen, sehr niedrig liegt. Denn auch die Sprösslinge der Nestbauer, die ihresgleichen nicht suchen, weil es so viele davon gibt, dürften die Schnüffeltestfähigkeiten in den Genen tragen, erklären die Autoren. Offenbar seien aber die Kosten für die Prüfung höher als der Nutzen, den sie daraus ziehen – weshalb sie verzichten.
Auch einige Studien an anderen Tieren weisen auf den erfolgreichen Einsatz des Selbst als Kontrolle hin. Sogar der Mensch steht dabei: Vielleicht erschnüffeln Frauen so einen Partner, dessen Immunsystem dem ihren möglichst komplementär ist und so den Sprösslingen eine optimale Ausstattung bietet, vermuten Wissenschaftler. Die Ursachen für Patchworkfamilien aber liegen woanders.
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