Selbstwahrnehmung: Meine Zange gehört zu mir
Binnen kurzer Zeit integriert unser Gehirn Werkzeuge ins eigene Körperbild.
Der geschickte Umgang mit Werkzeugen – eine der leichtesten Übungen für Homo sapiens – wurzelt offenbar darin, dass das Gehirn entsprechende Gerätschaften sehr schnell als Teil des Körpers wahrnimmt. Das berichten französische Forscher von der Université Claude Bernard in Lyon. Ein Team um den Neurowissenschaftler Alessandro Farnè ließ Probanden zunächst mit Hilfe eines mechanischen Greifers kleine Objekte von einer Tischplatte auflesen. Binnen kurzer Zeit veränderte dies das normale Koordinationsvermögen der Versuchspersonen: Wer mehrfach mit dem künstlich verlängerten Arm zugelangt hatte, konnte zwar weiterhin mit bloßer Hand nach Objekten greifen, ging dabei jedoch langsamer und vorsichtiger zu Werke als vorher – so, als müsse sich der Körper erst wieder an seine kürzeren Gliedmaße gewöhnen.
In einem zweiten Schritt demonstrierten die Forscher, dass das Hantieren mit Gegenständen tatsächlich die eigene Körperwahrnehmung beeinflusst: Berührungen an Ellbogen, Handgelenk oder Mittelfinger verorteten die "werkzeugerprobten" Probanden weiter von ihrer Körpermitte entfernt als vor dem Gerätetraining. "Ist das Werkzeug erst einmal in das Körperschema integriert", erklärt Farnés Kollegin Lucilla Cardinali, "kann es wie ein echtes Körperteil manövriert und kontrolliert werden." Diese Manipulation der Selbstwahrnehmung erfolgt sehr schnell, hält aber nur kurz an – nach zehn bis fünfzehn Minuten war der Effekt schon wieder verschwunden.
Cardinali, L. et al.:Tool-use induces morphological updating of the body schema. In: Current Biology 19(12), R478-R479, 2009.
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