Kognitive Verzerrungen: Menschen hängen an Informationen wie an Gegenständen
Wenn es um ihr Eigentum geht, verhalten sich Menschen oft irrational: Sie betrachten Dinge als wertvoller, bloß weil sie sie besitzen, und sie fürchten deren Verlust mehr, als sie sich über einen ebenso großen Gewinn freuen würden. Diese kognitiven Verzerrungen, genannt »Besitztumseffekt« und »Verlustaversion«, sind bekannt aus Experimenten mit Geld und mit Gegenständen – und nun auch, wenn es um Informationen geht. Forschende der Universitäten in Innsbruck und Pittsburgh berichten: Wir behandeln Wissen in dieser Hinsicht ganz ähnlich wie unseren materiellen Besitz.
Das Team um Psychologin Yana Litovsky ließ 400 Probandinnen und Probanden entscheiden, ob sie drei Fakten sofort erfahren oder lieber warten wollten, um später womöglich eine weitere Information zu »gewinnen«. Die Erfolgsaussichten variierten dabei. Das Gewinnspiel wählten eher jene, die dadurch subjektiv keinen Verlust erlitten – was recht subtil manipuliert wurde: Jeder musste zwischen entweder drei oder vier Informationshäppchen wählen, doch manchen hatten die Forscher zuvor erklärt, dass für sie eigentlich die drei Fakten reserviert waren. Von diesen Personen entschieden sich mehr als zwei Drittel gegen die Option auf vier Fakten – vermutlich, weil es sich wie ein Verlust angefühlt hätte: Sie hatten den Eindruck, dass die drei Fakten quasi schon ihnen »gehörten«. Von den anderen wählten hingegen mehr als die Hälfte das Vierer-Paket.
Verhaltensökonomen sehen den Wert von Informationen meist darin, dass sie zu besseren Entscheidungen verhelfen können. In der aktuellen Studie ging es aber um Fakten ohne jeden praktischen Nutzen, wie die Antwort auf die Frage: »In welchem Land ist das Einhorn Nationaltier?« Dass Informationen eine Art Besitz darstellen, zeige sich auch in der Sprache, sagt Mitautor Christopher Olivola, Marketingprofessor an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Zum Beispiel »häufen« wir Wissen an oder machen uns eine Theorie »zu eigen«. »Wir reden über Wissen oft so, als würden wir es konsumieren.«
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