Artenschutz: Menschen retteten dutzende Arten vorm Aussterben
In den letzten 50 Jahren haben wir Menschen mehr als zwei Drittel der 1970 lebenden Wildtierbestände vernichtet. Und wegen brennender Wälder, zerstörter Flüsse, versauernder Meere und anderer Einflüsse scheint kein Ende absehbar. Dabei ist Abhilfe möglich, wie eine Studie des Teams um Friederike Bolam von der Newcastle University und Birdlife International zeigt. Dank intensiver Schutzbemühungen konnten Biologen seit 1993 weltweit mindestens 28 und maximal 48 Vogel- und Säugetierarten vor dem Aussterben retten. Ohne diese Maßnahmen wäre die Aussterberate beider Wirbeltiergruppen um das Drei- bis Vierfache höher ausgefallen, schreiben die Wissenschaftler im Journal »Conservation Letters«.
Zu den betroffenen Spezies gehören beispielsweise der Waldrapp (Geronticus eremita), der wild nur noch in Marokko überlebte und in Mitteleuropa wieder angesiedelt wird, der Iberische Luchs ((Lynx pardinus) aus Portugal und Spanien und die Puerto-Rico-Amazone aus der Karibik (Amazona vittata). Im Fall der Przewalski-Wildpferde gelang es sogar, eine in freier Wildbahn bereits verschwundene Art ab den 1990er Jahren erneut anzusiedeln. Heute leben rund 750 Wildpferde in den Steppen der Mongolei.
Für ihre Studie werteten Bolam und Co Bestandsdaten und -trends, Anzahl der artenbedrohenden Faktoren sowie Art und Umfang von Schutzmaßnahmen aus. Daraus leiteten sie mit einem mathematischen Modell ab, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Art ausstirbt, wenn keine Hilfsaktionen mehr ergriffen würden. Der Fatu-Hiva-Monarch (Pomarea whitneyi) etwa lebt nur auf der pazifischen Insel Fatu Hiva im Marquesas-Archipel und dort auch nur in wenigen Bergtälern. Nachdem Ratten eingeschleppt wurden, brach der Bestand des Vogels bis 2015 dramatisch ein: Die Nager fraßen Eier und Jungtiere. Zudem erlegten Katzen immer wieder Altvögel. Ohne intensive menschliche Kontrolle beider Säugetiere wäre die Art sehr wahrscheinlich heute verschwunden.
Überhaupt profitierten 21 Vogelarten davon, dass invasive Spezies bekämpft wurden, 20 wurden in Zoos und anderen Institutionen nachgezüchtet, und 19 halfen zusätzliche Naturschutzmaßnahmen im Verbreitungsgebiet. Bei den Säugetieren erzielten Gesetzesverschärfungen, etwa zum Handel mit Wildtieren, gute Erfolge, und neun Arten wurden erfolgreich wieder ausgewildert.
»Normalerweise hören wir nur schlechte Nachrichten über die Artenvielfaltskrise. Und zweifellos sehen wir dramatische Verluste durch unser Tun. Aber die Verluste können gestoppt werden, wenn nur ein ausreichend großer Wille vorhanden ist«, sagt der an der Studie beteiligte Forscher Phil McGowan von der Newcastle University: »Das ist ein Aufruf zum Handeln.« Denn manchmal kommen die Hilfsmaßnahmen schlicht zu spät: Mindestens vier Vogelarten sind seit 2000 tatsächlich ausgestorben, mehr als 1000 weitere vom Aussterben bedroht.
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