Stoffwechsel: Menschliches "braunes" Fett ist eigentlich beige
Erwachsene Menschen haben ausschließlich weißes Fett, das der Speicherung von überschüssiger Nahrungsenergie dient – so dachten Wissenschaftler bis vor einigen Jahren. Dann aber identifizierten mehrere Arbeitsgruppen unabhängig voneinander bei Erwachsenen so genannte braune Fettzellen im Schulter- und Nackenbereich. Diese sind dafür bekannt, dass sie Winterschläfern wie Igeln und Fledermäusen dabei helfen, trotz klirrend kalter Außentemperaturen ihre Körpertemperatur konstant zu halten. 2008 stießen Wissenschaftler im Schulterbereich von Nagetieren auf eine dritte Art von Fettzellen, die zwischen diesen beiden Funktionen hin- und herschalten kann [1]. Diese bezeichneten sie als "beige".
Nun hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Bruce Spiegelman von der Harvard Medical School in Boston herausgefunden, dass die "braunen" Fettzellen der Menschen sich in Wirklichkeit genau so verhalten wie das beige Fett der Nager [2].
Die Wissenschaftler hatten zunächst die drei Typen von Fettzellen aus Mäusen isoliert und gemessen, wie stark das UCP1-Gen jeweils abgelesen wird. Im Normalzustand ist dieses Gen nur in braunen Fettzellen aktiv. Das Produkt des Gens, das Protein UCP1, sorgt dafür, dass die Zellen die während der Atmung gewonnene Energie nicht zum Aufbau von Molekülen nutzen, sondern als Wärme nach außen abgeben. Als die Forscher den Botenstoff cAMP zu den Zellen gaben, erhöhte sich wie erwartet in den braunen Fettzellen die Anzahl der UCP1-RNA-Genabschriften. Einen fast drei Mal so starken Effekt hatte das cAMP jedoch auf die beigen Zellen, die auf einmal ebenfalls große Mengen an UCP1-RNA produzierten.
Ein Vergleich der Genabschriften zwischen braunen und beigen Fettzellen zeigte auf, welche Gene in beigen Fettzellen aktiver sind als in braunen Fettzellen. Ein Teil dieser Gene kodiert Proteine, die an der Zelloberfläche vorkommen. Diese konnten die Forscher nun als Marker verwenden, um beige Fettzellen zu identifizieren.
Anhand dieser Unterscheidungsmerkmale stellten die Wissenschaftler fest, dass die als "braun" klassifizierten Fettzellen erwachsener Menschen eher mit den beigen als mit den braunen Fettzellen der Mäuse zu vergleichen sind. So können auch sie in ihrer Funktion zwischen Energiespeichern und Wärmeerzeugern hin- und herwechseln. Die Forscher erklären sich dies so, dass es für frühe Menschen möglicherweise ein evolutionsbiologischer Vorteil war, mit Hilfe solcher flexiblen Fettzellen Kaltphasen besser zu überstehen.
Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler heraus, dass beige Fettzellen anders als braune auf das Hormon Irisin ansprechen, welches Muskelzellen bei sportlicher Betätigung ausschütten. Die Wirkung des Hormons besteht darin, dass es das Energieverbrennungsprogramm der Fettzellen ankurbelt. Hierauf aufbauend sehen die Autoren die Möglichkeit, die starke Reaktion der beigen Fettzellen auf Irisin therapeutisch anzuwenden: So könnte man vielleicht die Zellen mit diesem Hormon dazu anregen, mehr Energie zu verbrennen und weniger Speicherfett zu produzieren.
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