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News: Messen mit Molekülen

Treffen Wellen aufeinander und überlagern sich, so entsteht eine neue Welle mit anderen Eigenschaften. Dieses Phänomen der Interferenz lässt sich nutzen, um beispielsweise mit Lichtwellen kleinste Entfernung im Mikrokosmos zu bestimmen oder auch die Abstände von Sternen in einem Doppelsystem zu messen. Nun bedienten sich Forscher zum ersten Mal auch des Wellencharakters von Materie, um ein hochsensibles Messgerät zu bauen.
Ob Wellen auf dem Ententeich, Schallwellen unterschiedlicher Quelle oder einfaches Licht, an jeder wellenartigen Erscheinung lässt sich das Phänomen der Interferenz beobachten. So überlagern sich die Wellenberge und Täler in charakteristischer Weise und schaffen so eine neue Welle, die sich bei den eingangs genannten Beispielen in einem bestimmten Muster, einer Klangmodulation oder einer Hell-Dunkel-Struktur ausdrückt. Ein Interferometer nutzt genau dieses Verhalten aus, um mit Licht physikalische Größen zu messen. Bestimmungen von Längen, Winkeln, der Brechzahl von transparenten Materialien, sowie spektroskopische Untersuchungen sind dabei nur einige der vielen Möglichkeiten.

Aber nicht nur Licht und Schall verhalten sich wie Wellen, seit den Anfängen der Quantenmechanik weiß man, dass sich auch Materie, also Elektronen, Protonen und Neutronen, aber auch ganze Moleküle als Materiewelle beschreiben lassen. Nachdem Forscher um Anton Zeilinger von der Universität Wien bereits in einer früheren Arbeit den wellenartigen Charakter von Kohlenstoff-60-Molekülen im Experiment nachweisen konnten, gelang es ihnen nun, auch ähnliche ballförmige Kohlenstoff-70-Moleküle für ein Materiewellen-Interferometer zu nutzen.

Dieses Gerät besteht im Wesentlichen aus drei Goldgittern, die der Materiestrahl hintereinander passieren muss. Dabei machen sich Björn Brezger und seine Kollegen den so genannten Talbot-Effekt zunutze, der eine Selbstabbildung von periodischen Gitterstrukturen bewirkt. Das funktioniert aber nur, wenn ein Detektor, der die Moleküle des Strahls nachweist, in einer ganz bestimmten Entfernung von dem Gitter aufgestellt ist. Deshalb lässt sich das zweite Goldgitter der Versuchsanordnung auch noch vorne und hinten verschieben, es bildet sozusagen eine Zwischenebene der Talbot-Abbildung. Das letzte Goldgitter dient nun zur Analyse; es lässt sich vertikal zum Strahl vor einem Detektor hin und herbewegen, sodass die Intensitätsverteilung und damit das Interferenzmuster am Ende der Strecke bestimmt werden kann.

Doch wozu das Ganze? Nun, das neue Interferometer ist ein äußerst sensibles Messgerät, mit dem sich selbst kleinste Bewegungen und Wechselwirkungen noch nachweisen lassen, was in erster Linie der kleinen Materiewellenlänge zu verdanken ist. Sie beträgt nur einige wenige Pikometer beträgt sie – was deutlich unterhalb des Radius eines Wasserstoffatoms liegt. Das Hauptanliegen der Forscher ist jedoch, die Grenzen der Quantenmechanik auszuloten, also herauszufinden, ab welcher Größenordnung Quantenverhalten eine Rolle spielt und wie sich der Übergang zu normalem Verhalten darstellt. Dazu eignet sich der Aufbau des Interferometers besonders gut, da sich auch größere Moleküle, wie etwa mittelgroße Proteine, durch die Anordnung schicken lassen.

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