Radioastronomie: Erstmals Schwarzes Loch mit Jet fotografiert
Astronominnen und Astronomen ist es erstmals gelungen, ein Schwarzes Loch im Radiobereich aufzunehmen, während es einen starken Materiestrom ausstößt. Die Aufnahme zeigt die Region um das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie Messier 87 (M87) sowie ihren Jet. Diese nach außen strömende Materie startet direkt dort, wo Material um das Schwarze Loch herumwirbelt. Bereits in der Vergangenheit war es Forschenden gelungen, beides getrennt abzubilden, bislang aber noch nie gemeinsam. An den Beobachtungen war das Global Millimeter VLBI Array (GMVA) beteiligt, ein Netzwerk, das aus 14 Radioteleskopen in Europa und Nordamerika besteht. Außerdem lieferten das Greenland Telescope (GLT) und das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) Daten. Gemeinsam arbeiten GMVA, GLT und ALMA wie ein virtuelles Teleskop von der Größe der Erde zusammen.
Das Schwarze Loch selbst ist auf der Aufnahme – wie üblich – nicht zu sehen, da die Gravitation um es herum so stark ist, dass nicht einmal Licht entkommen kann. Wenn Materie ein Schwarzes Loch in einer Scheibe umkreist, erwärmt sie sich und erzeugt dadurch Strahlung. Diese wird vom Schwarzen Loch teilweise aufgefangen und gebeugt. Die Materiescheibe erscheint als ringförmige Struktur. Das lässt sich mit Radioteleskopen beobachten. Der dunkle Fleck im Inneren des Rings ist das, was Astronomen auch als »Schatten« des Schwarzen Lochs bezeichnen.
Allerdings verleiben sich Schwarze Löcher nicht nur Materie ein: Sie können auch gewaltige Jets ausstoßen, die Längen aufweisen, welche die Ausmaße der Galaxie übersteigen. Vorher habe man die Region um das Schwarze Loch von M87 herum und seine Materieströme bereits auf separaten Aufnahmen abbilden können, erklärte Ru-Sen Lu vom Shanghai Astronomical Observatory in China in einer Pressemitteilung. Jetzt habe man erstmals eine Panoramaaufnahme von beidem bei einer neuen Wellenlänge im Radiobereich. »Wir wissen, dass Jets aus den Regionen um Schwarze Löcher herausgeschleudert werden, aber wir verstehen immer noch nicht ganz, wie das eigentlich geschieht. Für eine direkte Untersuchung müssen wir den Ursprung des Jets so nah wie möglich am Schwarzen Loch beobachten.«
Eine wichtige bislang ungelöste Frage ist, wo genau die Jets in aktiven Galaxien wie M87 starten. Es gibt konkurrierende Mechanismen: Entweder strömen die Jets weiter außen in der Materiescheibe wie eine Art Teilchenwind heraus (Blandford-Payne-Szenario) oder sie entstehen unmittelbar vor dem Schwarzen Loch und werden von seiner schnell rotierenden Raumzeit herausgeschleudert (Blandford-Znajek-Prozess). Die aktuellen Radiobeobachtungen legen nahe, dass der Blandford-Znajek-Mechanismus am Werk ist, wie die Autoren in der wissenschaftlichen Publikation schreiben.
Lu zufolge ist der Ring um das Schwarze Loch herum bei einer Wellenlänge von 3,5 Millimetern größer und dicker. »Dies zeigt, dass das Material, das in das Schwarze Loch fällt, eine zusätzliche Emission erzeugt, die nun auf dem neuen Bild zu sehen ist«, erklärte der Experte.
Um herauszufinden, was es mit dem breiteren Ring auf sich hat, spielten die Forscher und Forscherinnen in Computersimulationen verschiedene Szenarien durch. Demzufolge hängt die größere Ausdehnung des Rings offenbar mit dem Akkretionsstrom zusammen. Außerdem entdeckte das Team, dass die Region, die dem Schwarzen Loch am nächsten kommt, breiter strahlt als angenommen. Das deutet darauf hin, dass nicht nur Gas in das Schwarze Loch hineinstürzt. »Es könnte auch ein Wind wehen, der Turbulenzen und Chaos um das Schwarze Loch herum verursacht«, sagte Kazuhiro Hada vom National Astronomical Observatory in Japan.
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