Klimaschutz kurios: Metall-Recycling mit Autoabgasen
Eine Kombination zweier industrieller Prozesse soll einen entscheidenden Schritt vieler Klimaschutztechnologien billiger machen. In einer aktuellen Veröffentlichung in »Nature Chemistry« schlägt eine Arbeitsgruppe um Julien Leclaire von der Université de Lyon vor, beim Abtrennen von Kohlendioxid aus Abgas auch gleich wertvolle Rohstoffe zu recyceln. Dabei macht sie sich zu Nutze, dass man das Treibhausgas chemisch abtrennt – und bei der Reaktion Moleküle entstehen, die Metalle auf sehr unterschiedliche Arten binden.
Über die Stoffe in der Absorptionslösung und die Kohlendioxidkonzentration, so die These des Teams, könne man sehr genau steuern, welche Metalle jeweils in ihren Verbindungen auskristallisieren und abgetrennt werden können. Dass das prinzipiell geht, demonstriert die Gruppe anhand der Metalle Lanthan, Nickel und Kobalt. Diese drei bedeutenden Industriemetalle ließen sich in dem Experiment durch CO2 direkt aus dem Abgas eines Autos gezielt nacheinander abtrennen, wie das Team in einem Video demonstriert.
Kohlendioxid aus Abgasen abzutrennen, ist technisch kein Problem: Man leitet dabei die Abgase durch eine Lösung von Stickstoffverbindungen, an die sich das Kohlendioxid vorübergehend chemisch bindet. Diese Bindung ist aber reversibel, das heißt, unter bestimmten Bedingungen spaltet sich das Kohlendioxid wieder ab, und man erhält das reine Gas und die nun wieder verwendbare Absorptionslösung zurück. Der Haken: Das Verfahren ist unwirtschaftlich, das so gewonnene Gas ist für fast alle Anwendungen zu teuer, Kohlendioxideinfang bleibt eine Nische. Das ließe sich ändern – so zumindest die Hoffnung der Arbeitsgruppe um Leclaire –, wenn die Methode gleichzeitig zur Gewinnung wertvoller Metalle beitragen könnte. Tatsächlich ist deren Trennung ein wachsendes Problem. Prinzipiell möchte man möglichst viel Metall aus technischen Geräten durch Recycling zurückgewinnen, aber oft hat man es mit komplexen Legierungen zu tun, die für bestimmte Anwendungen maßgeschneidert sind und aus mehreren Metallen bestehen.
Die von der Arbeitsgruppe getrennte Mischung aus Lanthan, Nickel und Kobalt zum Beispiel kommt in Legierungen vor, die in Batterien verbaut werden. Magnete für Lautsprecher und andere Anwendungen enthalten Metalle wie Neodym oder Samarium zusammen mit Eisen, Kobalt oder Zirkonium. Bei vielen Industriemetallen ist heute schon zu erkennen, dass sie in Zukunft möglicherweise knapp und teuer sein werden, deswegen steckt hinter solchen Recyclingbemühungen keineswegs nur Umweltschutz, sondern langfristiges wirtschaftliches Kalkül.
Solche Verfahren mit der Kohlendioxidgewinnung zu koppeln, mache die Kohlendioxidabtrennung zwar verfahrenstechnisch aufwändiger, schreibt die Arbeitsgruppe in ihrem Artikel, aber die gewonnenen Metalle seien potenziell so wertvoll, dass die Kosten für das eingefangene Treibhausgas bei einer solchen Kopplung viel weniger Gewicht hätten. Allerdings ist beim gegenwärtigen Stand noch völlig unklar, ob die Methode mit anderen spezialisierten Trennverfahren fürs Metallrecycling mithalten kann – eine Hürde, an der schon einige spannende Klimaschutzideen gescheitert sind.
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