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Paläoklima: Methan oder Kohlendioxid?

Wieso waren die Ozeane vor mehr als zwei Milliarden Jahren nicht zugefroren, wenn doch die Sonne deutlich schwächer strahlte als heute? Die Erde schwitzte in einem Treibhaus damals, lautet die Antwort. Aber: Welches Gas trug dafür die Hauptverantwortung?
Meer
Als sich vor etwa 3,5 Milliarden Jahren das erste Leben regte, dürfte es sich wohl in einer flüssigen Umgebung wiedergefunden haben – frei oder an der Oberfläche hilfreicher Kristalle, der Szenarien gibt es viele. Jedenfalls gab es, daran herrscht kaum Zweifel, eine irgendwie geartete, ungehemmt vor sich hin schwappende Ursuppe. Und das ist eigentlich seltsam, denn damals strahlte die Sonne nur siebzig bis neunzig Prozent so hell wie heute: Beste Voraussetzung für eine globale Eiszeit, um die Meere unter einem dicken Panzer zu vergraben und so die Startbedingungen für das Leben mindestens einmal deutlich ungemütlicher zu machen.

Siderite | Mächtige Siderit-Vorkommen in einem aufgelassenen Steinbruch der St. James Mine im südlichen Ontario. Der Abbau der Eisenkarbonate dort endete nach dem Zweiten Weltkrieg.
Dass dem nicht geschah, liegt an einem Phänomen, über das wir uns heute den Kopf zerbrechen, weil wir zu jetzigen Zeiten selbst dafür verantwortlich sind: dem Treibhauseffekt. Auch damals heizten Gase wie Kohlendioxid und Methan unserem Planeten ein, und zwar weitaus stärker als derzeit – deren Konzentrationen müssen einige Größenordnungen über der jetzigen gelegen haben, um die schwächere Sonne auszugleichen und die Ozeane flüssig zu halten. Eine unter Wissenschaftler sehr strittige Frage ist allerdings, welches der beiden wichtigsten Treibhausgase den Anführer gespielt hat.

Lange Zeit galt Kohlendioxid als hauptsächlicher Treibhausgestalter. Dann jedoch untersuchten Robert Rye und seine Kollegen 1995 gut zwei Milliarden Jahre alte Böden und stellten fest: Nein, Kohlendioxid kann es nicht gewesen sein. Denn in den Proben fehlte Siderit, ein eisenreiches Karbonat, das sich aufgrund der angenommenen chemischen und physikalischen Umweltbedingungen unter hohen CO2-Konzentrationen unbedingt hätte bilden müssen. Damit fiel nun Methan die Hauptrolle im Klimageschehen zu.

St. James Mine | Ein Gesamtblick auf die ehemalige St. James Mine. Der See entstand durch den Abbau der Eisenkarbonate, die etwa 2,75 Milliarden Jahre alt sind.
Jetzt ernten die Wissenschaftler allerdings Widerspruch. Denn Hiroshi Ohmoto vom Nasa-Forschungszentrum für Astrobiologie und seine Kollegen stießen sehr wohl auf sogar sehr umfangreiche Sideritvorkommen aus jener Zeit – allerdings nicht an der ehemaligen Erdoberfläche, sondern in Meeressedimenten. Und sie bringen noch einen weiteren Mitspieler ins Gespräch: Sauerstoff. Damals noch recht frisch und auf dem aufsteigenden Ast, soll er an der Erdoberfläche und in gut durchlüfteten Böden dafür gesorgt haben, dass sich andere Minerale statt Siderit bildeten. Am sauerstofffreien Grund der Ozeane jedoch störte er die chemischen Reaktionen nicht.

Hundertmal höher als heute müssen die Kohlendioxidgehalte der Atmosphäre damals gelegen haben, schließen die Forscher aus ihren Analysen. Das reicht aus, um die Ursuppe nicht einzufrieren, sogar ganz ohne Mitwirken von Methan. Hat sich das Bild nun also wieder gedreht?

Zumindest gibt es damit neuen Diskussionsstoff. Denn ein wiederkehrender Aspekt in all diesen Paläoklima-Diskussionen sei, so bemerkt Timothy Lyons von der Universität von Missouri in Columbia, dass dort große Worte auf der Basis von wenigen Daten und viel Spekulation gemacht werden. Immerhin aber eröffnen neue Ergebnisse auch immer wieder einen anderen Blick auf das Geschehen – und mit jedem weiteren Schritt, in welche Richtung er auch führt, werde die Atmosphäre vergangener Zeit ein Stückchen transparenter.

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