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Mineralogie : Mexikanische Riesenkristalle sind Extremisten

Extrem klarer Gipskristall aus Naica
Ursprünglich waren die Bergarbeiter der Naica-Mine im Norden Mexikos auf der Suche nach Blei, Silber und Zink, doch stießen sie im Jahr 2000 durch Zufall auf einen noch wertvolleren Schatz: die Cueva de los Cristales – eine Höhle mit den größten Kristallen der Erde. Unter welchen Bedingungen und mit welcher Geschwindigkeit sich diese bis zu 14 Meter langen, 2 Meter dicken und 55 Tonnen schweren Gipskristalle bildeten, konnten nun Mineralogen um Juan Manuel García-Ruíz von der Universidad Granada klären.

http://www.youtube.com/watch?v=GbRBK8Rm1EQ
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Ausflug in die Kristallunterwelt
Um zu derartigen Giganten wachsen zu können, mussten in der Umgebung der Gipskristalle (CaSO4·2H2O) über eine lange Zeit extreme Bedingungen herrschen: So liegen die Lufttemperaturen in der Höhle – die sich 300 Meter unter der Oberfläche befindet – bei über 50 Grad Celsius, während die Luftfeuchtigkeit mehr als 90 Prozent erreicht. Die für Menschen gefühlte Temperatur überschreitet daher die 100-Grad-Celsius-Grenze, weshalb Wissenschaftler in der Höhle nur mit Spezialkühlanzügen arbeiten können. Geheizt wird der Untergrund durch eine Magmablase, die sich relativ dicht unter der Mine ausbreitet. Zugleich war der Hohlraum lange mit einer hochkonzentrierten, aber nur minimal übersättigten Salzlösung gefüllt.

Aus dieser kristallisierten dann nach den Analysen von García-Ruíz' Team extrem langsam die Gipsminerale aus: Ein Kristall mit einem Meter Durchmesser benötigte demnach bei einer konstanten Wassertemperatur von 55 Grad Celsius etwa eine Million Jahre, um seine riesige Dimension zu erlangen. Bei einer Temperatur von 56 Grad Celsius verringerte sich die Wachstumszeit auf etwa die Hälfte, bei 57 Grad Celsius auf immerhin noch 100 000 Jahre. Darüber entsteht kein Gips, sondern das Mineral Anhydrit, das ebenfalls ein Kalziumsulfat ist, aber kein Kristallwasser aufweist. Einschlüsse von Sole in den Kristallen legen nahe, dass der größte Teil der Kristallisation bei 54 Grad Celsius ablief: Das Naturwunder benötigte also teilweise durchaus mehr als eine Million Jahre, um zu seiner imposanten Erscheinung heranzuwachsen.

Bisherige Studien gingen von einer deutlich kürzeren Entstehungszeit aus, die maximal 200 000 bis 400 000 Jahre betragen haben sollte. Allerdings basierten diese Schätzungen auf Uranisotopenanalysen. Die Kristalle sind jedoch so rein, dass sich darin kaum Verunreinigungen ausmachen lassen: Uranisotope finden sich höchstens im Bereich von einem pro Milliarde Teilchen (ppb). Die Forscher bildeten zudem die Wachstumsbedingungen im Experiment nach und simulierten dazu die Bedingungen der Höhle – mit ebenfalls extremem Ergebnis: Bei Temperaturen um 55 Grad Celsius nehmen die Kristalle nur um rund 1,4 mal 10-5 Nanometer pro Sekunde zu – das langsamste Kristallwachstum, das je im Labor gemessen wurde. Fällt die Temperatur unter 50 Grad Celsius kommt die Mineralbildung sogar ganz zum Stillstand.

Um die Riesenkristalle zu schützen – sie zersetzen sich unter Lufteinfluss langsam –, wurde die Höhle mittlerweile für die Außenwelt gesperrt. Auch Wissenschaftler dürfen sie gegenwärtig nicht betreten, da ihre Sicherheit unter den Extrembedingungen nicht gewährleistet werden kann. (dl)
  • Quellen
Proc. Natl. Acad. Sci. 10.1073/pnas.1105233108, 2011

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