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Mikrobiom: Bakterien im Zahnbelag vermehren sich rasant

Eine in Zahnbelag häufig vorkommende Mikrobenart vervielfältigt sich auf ungewöhnliche Weise: durch multiple Spaltung, bei der aus einer Zelle gleichzeitig 14 neue entstehen. Das könnte erklären, warum Plaque so schnell entsteht.
Mutter mit Kleinkind, die gemeinsam Zähne putzen
Plaque ist ein rauer Belag auf den Zähnen, der aus Speichel, Bakterien und Nahrungsresten besteht und Hauptursache für Karies und Zahnfleischentzündungen ist. Häufiges Zähneputzen hält ihn in Schach (Symbolbild).

Eines der häufigsten Bakterien im Zahnbelag, eine fadenförmige Mikrobe namens Corynebacterium matruchotii, vermehrt sich in unserem Mund auf sehr ungewöhnliche Art. Es vervielfältigt sich nicht wie die meisten anderen Zellen mittels so genannter binärer Teilung, bei der aus einer Zelle zwei Tochterzellen entstehen, sondern spaltet sich in einem Schritt in bis zu 14 Nachkommen auf. Das könnte der Grund dafür sein, dass sich innerhalb weniger Stunden nach dem Zähneputzen wieder Zahnbelag bildet, so die Autoren der Studie, die im Fachjournal »PNAS« erschienen ist.

Die Mikrobiologen interessierten sich für die Art der Vermehrung von C. matruchotii, nachdem sie in einer früheren Studie untersucht hatten, wie sich Kolonien von Plaquebakterien in dem Biofilm, der die menschlichen Zähne überzieht, räumlich organisieren. Sie stellten fest, dass das Mikrobiom des Zahnbelags eine Art stachelige Igelstruktur hervorbringt – mit Filamenten von C. matruchotii als Basis. Die Zellen bilden damit ein Gerüst, das weiteren Bakterienarten um sie herum Struktur und Lebensraum bietet, so dass diese sich ebenfalls besser im Mundraum ansiedeln können. »Diese Biofilme sind wie mikroskopische Regenwälder«, sagt der Mikrobiologe Scott Chimileski vom Marine Biological Laboratory in den USA. »Wir glauben, dass der ungewöhnliche Zellzyklus von C. matruchotii es den Mikroben ermöglicht, diese sehr dichten Netzwerke im Kern des Biofilms zu bilden.«

Um zu beobachten, wie die Strukturen neue Filamente hinzufügen, nutzte das Forschungsteam die Zeitraffermikroskopie. So konnten die Fachleute beobachten, wie die Bakterien miteinander interagieren und wachsen. Zu Beginn verlängert sich das Filament nur an einem Ende und wächst deutlich über die normale Größe einer Zelle hinaus. Dies geschieht fünfmal schneller als bei anderen eng verwandten Corynebacterium-Arten, die in der Nase oder auf der Haut leben. Dann entstehen zeitgleich mehrere Trennwände, so genannte Septen, bevor sich die Zelle in 3 bis 14 vollständige Tochterzellen teilt. Die Art der Vervielfältigung ist nicht nur einzigartig, sondern auch äußerst effizient: So kann eine Kolonie von C. matruchotii enorm schnell wachsen und sich bis zu einem halben Millimeter täglich ausdehnen. Ein Grund für das ungewöhnliche Wachstum könnte sein, dass das Bakterium kein Flagellum besitzt, das anderen Mikroben zur Fortbewegung dient. Statt sich zu bewegen, könnte das Bakterium einen sehr schnellen Vermehrungsmechanismus entwickelt haben, um neue Regionen zu besiedeln.

© Scott Chimileski, Marine Biological Laboratory
Corynebacterium matruchotii

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  • Quellen
PNAS 10.1073/pnas.2408654121, 2024

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