Notfallmedizin: Mikrokapseln überbrücken Sauerstoffmangel im Notfall
Bei schweren Unfällen kann die Sauerstoffversorgung von nicht mehr selbstständig atmenden Unfallopfern über Leben und Tod entscheiden: Schon nach kurzer Zeit beginnen die Zellen in unterversorgten Organen abzusterben, und besonders das Gehirn wird rasch unwiderruflich geschädigt. Ein internationales Forschertem um John Kheir von der Harvard Medical School möchte Unfallmedizinern und Chirurgen nun ein Werkzeug zum Gegensteuern für den Ernstfall an die Hand geben: einen in die Blutbahn injizierbaren Schaum, der die Sauerstoffspeicher des Körpers kurzfristig auffüllen kann.
Die rasierschaumähnliche Substanz enthält im Wesentlichen Kügelchen mit einer semipermeablen einfachen Lipidhülle, die reinen gasförmigen Sauerstoff umschließen. Im Reagenzglas gibt der Schaum innerhalb weniger Sekunden rund 70 Prozent seines O2 an die Sauerstofftransporter des Bluts ab. Spritzt man den Schaum in Kaninchen, so überstehen diese selbst einen völligen Atemstillstand für mindestens 15 Minuten, ohne größeren Schaden zu nehmen, ermittelten die Forscher weiter. Auch Embolien – die bei einer direkten Injektion von Sauerstoff in den Kreislauf unvermeidlich sind – blieben bei der Lipid-Sauerstoffapplikation aus.
Eine Injektion des Sauerstoffschaums in Venen könnte Patienten mit Atemstillstand oder Kleinkindern mit akuten Herzproblemen im Notfall versorgen, bis eine Beatmung anderweitig wieder möglich wird, glauben die Forscher. Einen regulären Einsatz verbieten im Augenblick allerdings noch Nachteile des Konzeptes: So entfernen die Lipide etwa nicht Kohlendioxid aus dem Blut, das toxische Gas sammelt sich also auf Dauer in einem Körper an, dessen (Aus-)Atemfunktion gestört ist. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Lipidkugeln den Sauerstoffinhalt nicht zu schnell abgeben, damit die eigenen giftigen Effekte von hochkonzentriertem O2 abgemildert werden.
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