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Mikroplastik: Drei Millionen Plastikflaschen in der Luft

Mikroplastik findet sich nicht nur in Gewässern, sondern auch in der Luft. In Auckland entspricht die Luftverschmutzung durch Plastikpartikel pro Jahr Millionen von Plastikflaschen.
An einem Baum hat sich Plastik verfangen, welches nun langsam verwittert
Durch Verwitterung und Alterung zerfällt Kunststoff in immer kleinere Partikel, Mikro- und Nanoplastik.

Jährlich treffen 74 Tonnen Mikroplastik aus der Atmosphäre auf die Stadt Auckland. Dies entspricht mehr als drei Millionen Plastikflaschen. Das ergab eine Analyse neuseeländischer Forscher, die in der Fachzeitschrift Environmental Science & Technology veröffentlicht wurde. Die in der Luft von Auckland gefundenen Werte waren um ein Vielfaches höher als die in den letzten Jahren in London, Hamburg und Paris gemessenen Werte.

Die durchschnittliche Anzahl an Mikroplastikpartikeln aus der Luft, die an einem Tag auf einem Quadratmeter in Auckland nachgewiesen wurde, betrug 4885. In London waren es 771 (in einer 2020 veröffentlichten Studie), in Hamburg 275 (2019) und in Paris 110 (2016). Die Werte sind allerdings nur bedingt vergleichbar: Bis heute gibt es keine Standardmethode für die Identifizierung von Mikroplastik. Die unterschiedlichen Messwerte bedeuten deshalb nicht, dass London sechsmal weniger durch Plastik in der Luft verschmutzt ist als Auckland. Die Forscher vermuten, dass frühere Analysen der Luftqualität die kleinsten Mikroplastikteilchen nicht gemessen haben. In ihrer Studie setzten sie laut eigenen Angaben neuartige chemische Methoden ein, um selbst Plastikpartikel zu finden, die nur 0,01 Millimeter groß sind.

Für die Analyse wurde an zwei Probenahmestellen über einen Zeitraum von neun Wochen Mikroplastik aus der Luft aufgefangen. Fast alle Mikroplastikteilchen waren zu klein, um sie mit bloßem Auge zu erkennen. Das Forscherteam identifizierte die kleinsten Partikel, indem sie einen Farbstoff auftrugen, der unter bestimmten Bedingungen Licht emittierte. »Je kleiner die Größenbereiche waren, die wir untersuchten, desto mehr Mikroplastik fanden wir«, sagt der Hauptautor der Studie, Joel Rindelaub von der School of Chemical Sciences an der Waipapa Taumata Rau, University of Auckland. »Das ist bemerkenswert, weil die kleinsten Größen die toxikologisch relevantesten sind.«

Die überwiegende Mehrheit der während des Experiments aufgefangenen Partikel war zwischen 10 und 50 Mikrometer groß, nur drei Prozent waren größer als 100 Mikrometer. Die kleinsten Partikel, so genanntes Nanoplastik, können potenziell in Zellen eindringen, die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sich in Organen wie den Hoden, der Leber und dem Gehirn ablagern. Erste Untersuchungen an der menschlichen Lunge deuten darauf hin, dass Mikroplastik in unseren Atemwegen zirkuliert, wenn auch mit unbekannten gesundheitlichen Auswirkungen. »Künftige Arbeiten müssen genau quantifizieren, wie viel Plastik wir einatmen«, sagt Joel Rindelaub. »Es wird immer deutlicher, dass dies ein wichtiger Expositionspfad ist.«

Ein Grund, warum die Belastung in Auckland besonders groß sein könnte, sehen die Forscher in der Lage der Stadt. Am vor ihr gelagerten Hauraki-Golf, einer großen Bucht, brechen sich die Wellen und übergeben so besonders viel Mikroplastik aus dem Wasser in die Luft. »Das Übertragen von Mikroplastik in die Luft durch brechende Wellen könnte ein wichtiger Teil des globalen Transports von Mikroplastik sein«, sagt Joel Rindelaub. »Und es könnte helfen zu erklären, wie manche Mikroplastikpartikel in die Atmosphäre gelangen und an entlegene Orte wie hier in Neuseeland getragen werden.«

Fasern, die beim Waschen von synthetischer Kleidung verstreut werden, Fragmente von Autoreifen, die vom Regen ins Meer gespült werden, und Flaschen, die in Flüssen und Meeren treiben, sind nur einige der Wege, auf denen Plastik in die Umwelt gelangt. Durch Verwitterung zerfällt Kunststoff in immer kleinere Partikel. Polyethylen (PE) war der am häufigsten nachgewiesene Stoff, gefolgt von Polycarbonat (PC) und Polyethylenterephthalat (PET). PE und PET sind Verpackungsmaterialien, während PC in elektrischen und elektronischen Anwendungen eingesetzt wird. Alle drei werden auch in der Bauindustrie verwendet.

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