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Mikroplastik: Kaugummis setzen massenhaft Mikroplastik frei

Beim Kaugummikauen lösen sich tausende winzige Plastikpartikel aus der weichen Masse. Pflanzenbasierte, naturnahe Kaugummis schneiden diesbezüglich nicht besser ab als synthetische.
Ein Kind bläst eine große rosa Kaugummiblase auf einer belebten Straße. Im Hintergrund sind verschwommene Gebäude und eine Menschenmenge zu sehen.
Viele Produkte, die wir im Alltag verwenden, können winzige, mikrometergroße Kunststoffpartikel abgeben. Auch beim Kaugummikauen löst sich Mikroplastik aus der Kaumasse.

Jedes Gramm Kaugummi entlässt hunderte Mikroplastikpartikel in den Speichel – das gilt sowohl für synthetische als auch für pflanzenbasierte Produkte. Das zeigt die Studie eines Forschungsteams der University of California. Die auf der Frühjahrstagung der American Chemical Society (ACS) vorgestellte Arbeit ist noch nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.

Um zu ermitteln, wie viel Mikroplastik sich aus einem Kaugummi löst, kaute die Doktorandin Lisa Lowe in einem Selbstversuch unter kontrollierten Bedingungen mehrfach die Produkte verschiedener Marken: fünf Erzeugnisse mit synthetischer und fünf mit natürlicher Kaumasse. Bei bis zu 20-minütigem Kauen entnahm sie alle 30 Sekunden eine Speichelprobe. Anschließend zählte sie die in den Proben enthaltenen, per Färbung sichtbar gemachten Mikroplastikteilchen unter dem Mikroskop und ermittelte deren Zusammensetzung mit Hilfe von Infrarot-Spektroskopie.

»Unsere Hypothese war, dass die synthetischen Kaugummis viel mehr Mikroplastik enthalten würden, weil ihre Basis eine Art von Kunststoff ist«, sagt Lowe. Doch die Analyse zeigte: Sowohl synthetische als auch naturnahe Kaugummis gaben ähnlich große Mengen an Mikroplastik ab. Laut den Forschern lösten sich 94 Prozent der Partikel bereits in den ersten acht Minuten des Kauvorgangs; ein Gramm Kaugummi setzte bis zu 637 Mikroplastikpartikel frei. Besonders häufig fanden sich darin Kunststoffe wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP). Die Hauptzutat vieler Kaugummis sind Kunststoffpolymere wie Polyvinylacetat oder Butylkautschuk – Materialien, die auch in Autoreifen stecken. Die genaue Zusammensetzung müssen Hersteller nicht offenlegen; lediglich die lebensmittelrechtlichen Vorgaben müssen sie einhalten. Naturnahe Kaugummiprodukte bestehen aus Polymeren auf pflanzlicher Basis, etwa Chicle oder andere Baumsäfte. Zusätzlich enthalten sie Aromastoffe, Zucker oder Süßstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren, Antioxidationsmittel und Farbstoffe.

Täglich kauen weltweit viele Millionen Menschen Kaugummi. Als potenzielle Quelle von Mikroplastik wurden er bisher nur wenig untersucht. Studien zeigen, dass Mikroplastik über Nahrung, Kontakt mit Verpackungen und die Luft in den Organismus gelangt. Es wurde bereits im Blut, in Organen und besonders im Gehirn nachgewiesen, wo die gemessenen Konzentrationen in den zurückliegenden Jahren gestiegen sind. Welche gesundheitlichen Folgen das hat, ist noch unklar. Studien an Mäusen deuten darauf hin, dass die Partikel feine Blutgefäße im Gehirn verstopfen und Entzündungen auslösen. Auch für die Umwelt sind Kaugummis problematisch. Einmal ausgespuckt, bleiben sie für lange Zeit in der Umgebung, da sie biologisch kaum abbaubar sind. Verschluckt, passieren sie den Verdauungstrakt nahezu unversehrt und gelangen über die Kanalisation in Kläranlagen.

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