Mikroskopie: »Ein Potenzial, das noch in keiner Form gehoben ist«
Wer heute Mikroskope nutzt, erkennt Details, die noch vor wenigen Jahrzehnten oder gar Jahren außerhalb der Vorstellungskraft lagen. Stefan Hell, Nobelpreisträger für Chemie 2014, hat entscheidende Beiträge zu diesem Fortschritt geleistet. So hat er auf Basis seiner nobelpreiswürdigen Entdeckungen ein neues revolutionäres Mikroskopieverfahren ersonnen – und beobachtet Fluoreszenzmoleküle mit Genauigkeiten von unter einem Nanometer. Proteinbewegungen lassen sich damit in Millisekundenauflösung nanometergenau verfolgen. Mit »Spektrum.de« sprach er über die letzten Grenzen der Fluoreszenzmikroskopie und erzählte, worin er das größte Potenzial sieht.
Spektrum der Wissenschaft: Herr Professor Hell, bis Sie vor rund 20 Jahren die STED-Mikroskopie erfunden haben, war man aus gutem Grund überzeugt, dass sich Objekte nur bis etwa 200 Nanometer auflösen lassen. Jetzt sind wir bei wenigen Nanometern angekommen. Gab es in den letzten 10, 20 Jahren einen Punkt, an dem Sie dachten: Das ist das Ende – schärfer wird es nicht?
Stefan Hell: Ich wusste, man kann konzeptionell bis auf molekulare Auflösung kommen, sprich auf wenige Nanometer. Aber es gab Gründe, weshalb das nicht ging. Wenn Sie mich vor zehn Jahren gefragt hätten, ob man es eines Tages machen kann, hätte ich geantwortet: prinzipiell schon, allerdings mit den heutigen Methoden und nach jetzigem Kenntnisstand nicht. Ich hätte jedoch optimistisch darauf vertraut, dass es irgendwann möglich sein wird.
So kam es auch …
Ja. Unsere neuen Verfahren MINFLUX und MINSTED erlauben es tatsächlich, auf molekulare Skalen herunterzukommen: also Moleküle zu trennen, die nur Molekülabstände selbst voneinander entfernt sind.
Gehen wir einen Schritt zurück. Wie bringt man gezielt einzelne Moleküle zum Leuchten?
Alle diese Verfahren, egal wie sie heißen – STED, PALM oder STORM –, funktionieren nach dem gleichen Prinzip: An-Aus. Wenn ich zwei Moleküle trennen und unterscheiden will, sorge ich dafür, dass eines von ihnen nicht leuchten kann, während das andere leuchtet, und umgekehrt.
Wie genau kontrolliert man das?
Bei STED kontrolliert man das über einen Strahl, der sagt: Da bist du an und da bist du aus. Ich lege also durch Laserstrahlen fest, wo »an« und wo »aus« ist. Bei diesem Verfahren können auch mehrere Moleküle gleichzeitig an einer Stelle leuchten. Bei PALM/STORM geschieht das hingegen über einen intrinsischen Schaltmechanismus, der einzelne Moleküle stochastisch ein- und ausschaltet. Das funktioniert, indem ich etwa die thermische Aktivierungsenergie nutze oder die Probe stochastisch beleuchte. Man erhält ein Leuchtsignal und muss dann möglichst genau den Ort herausfinden, woher es kommt.
Aber?
Bei PALM/STORM ist das nicht genau genug gemacht worden. Daher haben wir hierzu Elemente von STED benutzt. So kann ich viel präziser herausfinden, wo sich das leuchtende Molekül befindet. Und in Kombination mit dem An- und Ausschalten einzelner Moleküle erreicht man sehr hohe Auflösungen.
»Die Methoden erlauben zum ersten Mal robust und solide, Moleküle auf der molekularen Skala zu trennen«
Sie haben also zwei Ansätze zusammengebracht und dadurch molekulare Auflösung erreicht.
Wir haben die Stärken der beiden Verfahren auf nichttriviale Weise kombiniert. Das heißt, man trennt letztendlich einzelne Moleküle, wie bei PALM/STORM, aber man lokalisiert anders. Dazu benutzt man einen donutförmigen Laserstrahl – oder etwas Ähnliches, also einen Strahl, der eine Nullstelle hat – und kann dadurch die Position viel genauer bestimmen. Indem wir die Stärken der beiden Verfahren herauspickten und miteinander verbanden, kamen wir zu den neuen Verfahren namens MINFLUX oder MINSTED. Sie erlauben zum ersten Mal robust und solide, Moleküle auf der molekularen Skala zu trennen.
Mit MINSTED, schreiben Sie, können Sie sogar im Ångström-Bereich auflösen …
Nein, nicht die Auflösung liegt im Ångström-Bereich, sondern die Lokalisationspräzision. Das heißt, ich kann mit wenigen Ångström Genauigkeit herausfinden, wo sich das Fluoreszenzmolekül befindet. Aber das selbst ist ein bis zwei Nanometer groß. Es wäre also falsch zu sagen, ich hätte Ångström-Auflösung – das ist unmöglich, denn ich trenne immer Moleküle, und die Fluoreszenzmoleküle sind nun mal mindestens einen Nanometer groß. Es ist aber durchaus sinnvoll, die Position genauer zu ermitteln als die Ausdehnung des Moleküls selbst.
Beispielsweise um zu sehen, an welche bestimmte Stelle in einem Molekül sich ein Fluorophor bindet?
Genau. Aber lassen Sie mich noch einmal kurz die hohe Auflösung einordnen: Mit STED kommt man auf 20 Nanometer herunter. Dort beginnt die Welt der Proteine. Die sind zwischen 2 und 30 Nanometer groß, und den Bereich kann ich erst jetzt mit den neuen Verfahren erfassen.
»Man hat jetzt eine Skala erreicht, wo die Ausdehnung der Marker eine Rolle spielt und wo die Grenzen der Fluoreszenzmarkierung per se massiv zum Tragen kommen«
Weil Sie aber immer trotzdem Fluoreszenzmarker brauchen, könnten Sie damit nicht eines Tages Molekülstrukturen aufklären.
Ja, das muss man auch so platt formulieren: Ein Fluoreszenzmikroskop sieht Fluoreszenzmoleküle. Das wird oft verkannt – verständlicherweise. Früher waren die Strukturen, die man sich angesehen hat, viel größer als das Fluoreszenzmolekül. Daher musste man sich keine Gedanken machen, dass das Fluoreszenzmolekül selbst eine Abmessung hat – dass es eben nicht identisch ist mit dem Protein, das man untersuchen will. Aber natürlich sehe ich nie das Protein! Das kann ich gar nicht sehen, weil nur der Fluoreszenzmarker leuchtet. Das heißt im Klartext: Man hat jetzt eine Skala erreicht, wo die Ausdehnung der Marker eine Rolle spielt und wo die Grenzen der Fluoreszenzmarkierung per se massiv zum Tragen kommen.
Wie groß muss ein Molekül mindestens sein, um fluoreszieren zu können?
Die Physik organischer Moleküle verlangt rund einen Nanometer, wenn sichtbares Licht emittiert werden soll. Und es geht ja nicht nur um die Ausdehnung des Fluorophors, denn der ist über einen Linker mit dem Protein verbunden. Dadurch kann der Abstand zur eigentlichen Proteinstruktur durchaus ein paar Nanometer betragen. Das heißt, man hat eine räumliche Diskrepanz zwischen dem Fluorophor und dem Biomolekül, das man sehen will. Dieses Problem war früher irrelevant, als die Auflösung noch schlechter war.
Erlauben Sie mir einen saloppen Vergleich: Genauso ist es, wenn Sie ein schön gemaltes Bild von fern und von nah betrachten, die Mona Lisa zum Beispiel. Von fern betrachtet erscheint sie wunderbar, doch wenn Sie mit der Lupe in ihre Augen blicken, sehen Sie die Körnigkeit, Risse und Pinselstriche des Bilds.
Verbindet man höchstauflösende Fluoreszenzmikroskopie mit Aufnahmen aus der Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM), um Strukturen aufzuklären? Die Methoden ergänzen sich doch.
Ja, das wird gemacht. Diese ganzen hochauflösenden Verfahren kann man korrelieren. Das ist sicher sinnvoll, man muss jedoch eines bedenken: Kryo-EM-Aufnahmen von Biomolekülkomplexen sind zwar hochaufgelöst, wunderschön. Nur: Meistens sind das gemittelte Werte. Denn bei der Kryo-EM schaut man sich Elektronendichten an. Wenn ich aber die Elektronen, die vom Elektronenmikroskop kommen, an dem Protein streue, erhalte ich ein immens verrauschtes Bild. Also nehmen die Fachleute etwa 500 bis 1000 Bilder, legen sie übereinander, mitteln die Werte und rechnen die genauen Positionen der Atome aus. Und hier sehen Sie die Limitationen der Kryo-EM: Die biologische Realität ist meistens nicht so schön regelmäßig, wie die Kryo-EM normalerweise suggeriert.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten einem Außerirdischen erklären, wie die Menschen auf der Erde aussehen. Sie könnten 1000 Frauenbilder nehmen, mitteln und sagen: Das ist eine Frau. Aber in der Realität wird keine einzige so aussehen. Wenn der Alien auf die Straße geht, wird er sagen: Moment, die Frauen sehen alle anders aus. So ist es auch bei der Kryo-EM.
»Wir sehen eine gewisse biologische Vielfalt, wir erkennen: Die schauen im Detail nicht alle gleich aus«
Aber ist nicht genau das der Punkt, an dem sich die Technologien ergänzen?
Absolut, natürlich ergänzen sie sich. Wir sehen das beispielsweise an den Kernporenkomplexen, an denen wir gearbeitet haben. Wenn wir die mit Fluoreszenz betrachten, haben wir nie und nimmer diese Genauigkeit und Auflösung im Sinn, die die Kryo-EM hat. Dort ist die Auflösung tatsächlich im Ångström-Bereich. Aber wir sehen bei uns eine gewisse biologische Vielfalt, wir erkennen: Die schauen im Detail nicht alle gleich aus.
Welche Errungenschaft wäre das nächste persönliche Highlight für Sie?
Wenn man sich MINFLUX oder MINSTED anschaut, dann springt einem sofort die hohe Auflösung ins Auge. Die hat man jetzt erreicht; wahrscheinlich ist da nichts mehr drin, was die Lokalisation der Fluoreszenzmoleküle anbelangt.
Es gibt aber etwas, das wirklich spannend ist und in dem ich ein Riesenpotenzial sehe: die Dynamik der Moleküle, also wie sie ihre Position im Raum verändern. Wenn der Fluorophor an ein Protein gekoppelt ist, kann MINFLUX besser als jedes andere Verfahren erkennen, wie der Fluorophor »wackelt« oder sich bewegt. Das heißt, wenn der Fluorophor an etwas haftet, dann kann ich die kleinste Auslenkung im Raum, die kleinste Bewegung in kurzer Zeit sehen, und zwar 100-mal so schnell wie mit einer Kamera. Das ist ein Gamechanger, wenn es darum geht, die Bewegung oder die Konformationsänderung von Biomolekülen zu erfassen, an denen der Fluorophor klebt.
Was ist das Problem bei einer Kamera?
Bis heute funktioniert das folgendermaßen: Man heftet Moleküle beispielsweise an ein Protein, um zu schauen, wie sich das Protein bewegt. Dann nimmt man die Zelle oder Teile davon mit der Kamera auf und beobachtet die Bewegung des Farbstoffs. Der Farbstoff hinterlässt einen Beugungsfleck des emittierten Fluoreszenzlichts auf der Kamera. So ist es auch bei PALM/STORM. Anschließend berechnet man die Mitte – also den Schwerpunkt – des Beugungsflecks und sagt: Hier hat sich der Farbstoff befunden. Bei diesem Vorgehen brauche ich sehr viele Fluoreszenzemissionen pro Zeit. Sonst kann ich den Schwerpunkt nicht genau berechnen. Und deswegen ist das Verfahren verhältnismäßig langsam – und es ist momentan das einzige richtig etablierte.
Mit solchen Techniken wurden zum Beispiel die Schritte von Kinesin auf Mikrotubuli gemessen. Da konnte man sehen, dass sich sein Schwerpunkt mit Acht-Nanometer-Schritten fortbewegt. Dazu musste man den Prozess allerdings künstlich verlangsamen, so dass nur jede Drittelsekunde ein Schritt stattgefunden hat. So langsam laufen die Proteine aber nicht, denn sonst könnten wir nicht leben. Das heißt, man hat die ATP-Konzentration massiv heruntergefahren, weil das Lokalisationsverfahren anders einfach nicht nachgekommen ist.
»Die Dynamik direkt zu messen, ist ein Prärogativ der Lichtmikroskopie«
Aber jetzt haben Sie gezeigt, dass es auch in Echtzeit geht.
Wenn ich Bewegungen in einer lebenden Zelle oder in einem künstlichen System untersuchen möchte, kann ich mit MINFLUX die Bewegung fluoreszierender Moleküle, die an etwas haften, 100-mal schneller sehen – mit der gleichen Genauigkeit. Oder ich nehme umgekehrt die Langsamkeit in Kauf, messe aber viel genauer. Und dann kommt wiederum potenziell das Ångström ins Spiel, denn es kann durchaus wichtig sein, ob sich der Fluorophor um 8,2 oder um 8,4 Nanometer bewegt. Da geht es dann nicht um die Auflösung, sondern darum, wie genau ich eine Bewegung oder Konformationsänderung messe. Das kann auch die Elektronenmikroskopie nicht, denn die Probe ist dort festgefroren und im Vakuum. Die Dynamik direkt zu messen, ist ein Prärogativ der Lichtmikroskopie.
Das heißt, Sie fangen gerade erst an?
Wir haben ein weites Feld vor uns. Es ist noch sehr früh, aber in fünf bis zehn Jahren könnte STED beispielsweise in der Pharmaentwicklung helfen. Weil ich damit die Möglichkeit habe, Dynamiken genau zu verfolgen – zum Beispiel im Detail zu untersuchen, wie zwei Moleküle zusammenkommen. Ich könnte etwa einen Wirkstoff markieren und messen, wie sich die Dynamik eines Proteins unter dem Einfluss dieses bestimmten Wirkstoffs verändert. In der Pharmaentwicklung sehe ich ein mächtiges Potenzial, und das ist bislang in keiner Form gehoben. Daran denkt man noch gar nicht.
Jenseits der Beugungsgrenze
Um Strukturen in lebenden Organismen sichtbar zu machen, arbeitet die Biologie mit Fluoreszenzmarkern: Farbstoffen, die sich an spezifische Strukturen in einer Zelle binden und nach Anregung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge leuchten.
Eine natürliche Grenze beschränkt die Auflösung solcher Bilder: Durch die Beugung des Lichts lassen sich zwei Objekte, die dichter als etwa die halbe Wellenlänge des emittierten Lichts beieinanderliegen, nicht mehr getrennt voneinander wahrnehmen. Weil sichtbares Licht zwischen 400 und 700 Nanometer Wellenlänge besitzt, liegt die Grenze bei rund 200 bis 300 Nanometern. Seit den 1990er Jahren haben Wissenschaftler Verfahren entwickelt, um diese natürliche Auflösungsgrenze auszutricksen. Alle haben eins gemeinsam: Sie sorgen über das An- und Ausschalten der Fluoreszenz dafür, dass nur wenige Moleküle gleichzeitig leuchten.
STED
Die von Stefan Hell entwickelte Technik beruht auf Verhinderung der Fluoreszenz durch stimulierte Emission (englisch: Stimulated Emission Depletion). Wie in der klassischen Mikroskopie regt ein Laserstrahl Fluoreszenzmoleküle in einem bestimmten Bereich zum Leuchten an. Ein weiterer, »donutförmiger« Laserstrahl nimmt durch stimulierte Emission allen Molekülen die Fluoreszenzfähigkeit weg – außer denen, die sich in einem sehr kleinen Bereich in der Mitte des »Donuts« befinden. Je kleiner dieser Bereich um die Nullstelle des STED-Lasers ist, desto weniger Moleküle können gleichzeitig leuchten und desto schärfer ist das Bild. Mit dieser Kombination aus An- und Ausschaltstrahl wird die Probe systematisch abgetastet.
PALM/STORM
Hier sind die Fluoreszenzmoleküle anfangs aus – also in einem Zustand, in dem sie bei Bestrahlung mit Anregungslicht nicht fluoreszieren können. Beim Einschalten wird die Probe zuerst mit Anschaltlicht so schwach beleuchtet, dass statistisch höchstens ein Molekül innerhalb der Beugungsgrenze von 200 bis 300 Nanometer angeschaltet wird, räumlich völlig zufällig. Die zunächst unbekannte Position der angeschalteten Moleküle bestimmt man anschließend anhand des Beugungsmusters, das durch die Fluoreszenz einzelner Moleküle auf einer Kamera entsteht. Dabei wird das Maximum (oder der »Schwerpunkt«) des Beugungsmusters gleichgesetzt mit der auf die Fokalebene herunterprojizierte Position des Moleküls. Das nennt man »Lokalisieren«. Danach werden die so registrierten und lokalisierten Moleküle ausgeschaltet und eine Runde neuer Moleküle eingeschaltet.
Bei diesem PALM (»Photo-activation localization microscopy«, etwa »Mikroskopie durch Photoaktivierung und Lokalisierung«) oder STORM (»Stochastic optical reconstruction microscopy«, etwa »stochastische optische Rekonstruktionsmikroskopie«) genannten Verfahren verwendet man also Fluoreszenzmoleküle, die sich aktiv schalten lassen beziehungsweise sich spontan an- und ausschalten (»blinken«). Während das sequenzielle An- und Ausschalten einzelner Moleküle ihre Trennung erlaubt, verrät das Auffinden der Mitte ihres Beugungsmusters ihre Position. Wendet man das auf (fast) alle Moleküle in der Probe an, erhält man ein scharf aufgelöstes Bild. Die Auflösung ist vergleichbar mit der von STED-Bildern.
MINFLUX
Minflux vereint Elemente aus dem STED-Verfahren und den stochastischen Ansätzen. Wie in PALM/STORM verwendet man Moleküle, die sich wiederholt an- und ausschalten lassen. Zunächst wird statistisch maximal ein Fluoreszenzmolekül pro Beugungsbereich aktiviert – das heißt, es wird in einen Zustand gebracht, in dem es bei entsprechender Beleuchtung mit Anregungslicht fluoreszieren kann. Entscheidend ist, dass dann ein Anregungsstrahl mit einer Nullstelle in der Mitte – also wieder ein donutförmiger Laser wie bei STED, doch diesmal zum Anregen – die Probe Stück für Stück abtastet. Die Position des Donuts und damit der Donutnullstelle steuert man auf weniger als einen Nanometer genau, weshalb sie immer genauestens bekannt ist.
Befindet sich ein Fluorophor exakt in der Mitte des Anregungsstrahls, bleibt das Molekül dunkel, denn dort ist die Intensität des Anregungsstrahls null. In diesem Fall hat man die Position des Fluoreszenzmoleküls genauestens herausgefunden; sie muss ja identisch sein mit der exakt bekannten Position der Donutnullstelle. Liegt die Nullstelle aber knapp neben dem Molekül, so glimmt es schwach. Weil die Intensität des Anregungslasers zum Donutring hin ansteigt, verrät die Zahl der emittierten Photonen den Abstand des Moleküls zur Nullstelle und somit die Position des Moleküls: Je schwächer es leuchtet, desto enger sind die beiden zusammen. Im MINFLUX-Verfahren tastet der donutförmige Anregungsstrahl die Probe Stück für Stück ab und optimiert dabei auf minimale Fluoreszenz per eingestrahlter Laserleistung. Je besser man es schafft, die Nullstelle mit dem Molekül räumlich zu überlappen, desto genauer lässt sich dessen Ort bestimmen. Die Wissenschaftler erhalten auf diese Weise hochpräzise Molekülpositionen. In Verbindung mit dem sequenziellen An- und Ausschalten aller Fluorophore erreichen die Bilder Auflösungen von 1 bis 3 Nanometer, also auf Molekülgröße.
MINSTED
Minsted kombiniert ebenfalls die Stärken der Einzelmolekülmikroskopie mit der genauen Lokalisation des STED-Verfahrens. Anders als bei Minflux kommen jedoch sowohl ein Anschalt- als auch ein Ausschaltlaser (STED) zum Einsatz. Hier verwendet man ebenfalls schaltbare Fluoreszenzmoleküle. Zunächst wird durch stochastisches Anschalten ein Molekül pro Auflösungsgrenze aktiviert. Das Abtasten der Probe funktioniert gleich wie bei Minflux, aber mit einem Laseraufbau wie bei STED – einem Anregungsstrahl und einem donutförmigen Ausschaltstrahl. Die Intensität eines Fluoreszenzmoleküls ist also dann am größten, wenn das Zentrum des Donuts sich direkt über ihm befindet. Da man die Beziehung zwischen Abstand von der Nullstelle und Intensität kennt, erfolgt auch hier die Lokalisation durch diese Beziehung. Mit MINSTED kann man die leuchtenden Moleküle heute auf wenige Ångström, also Zehntelnanometer, genau lokalisieren.
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