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News: Milankovic hin oder her

Es gibt kaum ein geologisches Archiv, in denen die Milankovic-Zyklen nicht überliefert sind. Und dennoch, beim genaueren Hinsehen ist das Bild weit weniger rund. In alten Korallenriffen ist nachzulesen, dass es noch weitere Faktoren geben muss, die das Auf und Ab des Meeresspiegels bedingen.
Schon kurz nachdem der österreichisch-ungarische Bauingenieur und Geophysiker Milutin Milankovic (1879-1958) im Jahr 1920 einen Zusammenhang herstellte zwischen den veränderlichen Erdbahnparametern und dem irdischen Klima, entstanden daraus Modelle zur Ableitung der Eiszeiten. Die so genannten Milankovic-Zyklen beschreiben periodische Veränderungen der Erdachse im Raum, in deren Folge sich die Sonneneinstrahlung verändert und die Klimagürtel verschieben.

Will man diesen Auswirkungen in der Erdgeschichte nachspüren, sind Korallen das Nonplusultra, denn sie sind sensible Anzeiger der Wassertiefe und ergo der Wassermenge, die in den Polkappen und Gletschern gebunden ist. Und zahllose Forscher in aller Welt konnten in solchen Korallenarchiven deutlich das Auf und Ab des Meeresspiegels nachlesen - genau, wie Milankovic es vorhersagte.

Doch wenn man ganz genau hinschaut, verschwimmt das Bild, und ungelöste Fragen tauchen auf. Denn es scheint, als nehme das Erdklima es mit den Milankovic-Zyklen doch nicht so ganz genau. Jedenfalls hat Christina Gallup von der University of Minnesota mit ihren Kollegen auf Barbados fossile Korallenriffe studiert, die in dem Interglazial - der Zeit zwischen zwei Eiszeiten - von 130 000 bis 120 000 Jahren vor heute entstanden, und die eindeutig zeigen, dass das große Auftauen Tausende von Jahren zu früh erfolgte.

Gesteuert wird das Ende einer Eiszeit durch die Sommertemperaturen der höheren Breiten. Und die ändern sich je nachdem, wie die Erde durch das Weltall taumelt.

Jenseits der 65. Breitengrade, lagen die Temperaturen vor 140 000 Jahren am niedrigsten, während sie vor 129 000 Jahren ihr Maximum erreichten. Die Schmelzrate dürfte ziemlich genau in der Mitte zwischen diesen beiden Daten am höchsten gewesen sein, also vor etwa 134 000 Jahren.

Doch die fossilen Korallen von Barbados überliefern eindeutig, dass der Meeresspiegel schon 2000 Jahre früher kräftig anstieg, die Schmelze also wesentlich früher eingesetzt haben musste.

Nun sieht aber auch Christina Gallup darin keinen Grund, an der grundsätzlichen Bedeutung der Milankovic-Zyklen zu zweifeln, immerhin zeigt sich aber, dass die Dinge wieder einmal komplizierter sind, als sie zunächst scheinen. Neben den Erdbahnparametern und der damit schwankenden Sonneneinstrahlung muss es weitere Mechanismen geben, die das Klima nachhaltig beeinflussen.

Welche dies sind, darüber wird vielfältig diskutiert. So wird die Erdkruste unter der ungeheuren Eislast in den Erdmantel gedrückt, Gletscher gelangen so in tiefere und wärmere Regionen, wo sie schrumpfen oder vielleicht sogar vom Meerwasser geschmolzen werden. So erholt sich Skandinavien bis heute von dem Kilometer mächtigen Eispanzer, indem es sich in jedem Jahr um einige Zentimeter hebt.

Andererseits weiß man, dass die Zahl der Eisberge und -schollen während des Eiszeitmaximums - in diesem Fall also vor 140 000 Jahren - am höchsten ist. Sie hätten die Verdunstung des Meerwassers herabgesetzt, was zulasten der Eismassen der hohen Breiten ginge.

Gallups Kollege Robert Johnson merkt zudem an, dass die Temperaturkontraste zwischen den polaren und den äquatorialen Regionen vor 140 000 Jahren minimal waren. Der Antrieb, Feuchtigkeit in hohe Breiten zu verfrachten, war also deutlich geschwächt: den Gletschern fehlte es an Nahrung.

Wie dem auch sei, vermutlich ist das "vorzeitige" Ende der Eiszeit Folge verschiedener Mechanismen - Mechanismen, die aber ihrerseits ihre Ursache in der Vereisung haben und somit indirekt doch Folge der Milankovic-Zyklen sind.

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