Astronomie: Mini-Supernova feuert Stern durch die Milchstraße
Wenn es um den gewaltsamen Tod von Sternen geht, weist das Universum eine geradezu makabre Vielfalt auf. Sonnen explodieren bei Weitem nicht immer nach demselben Schema, sondern – je nach Masse, Zusammensetzung und Umfeld – in einem von vielen verschiedenen Szenarien. Mal kollabiert ein Riesenstern unter seiner eigenen Masse und setzt dadurch enorm viel Energie frei. Mal stoßen zwei Sterne zusammen und vergehen in einem mächtigen Blitz. Mal saugt eine Sternleiche Gas von einem Begleiter ab und zündet eine thermonukleare Explosion.
Manchmal vermischen sich auch verschiedene Hergänge oder weichen in entscheidenden Details von den Lehrbuchbeispielen ab. So könnte sich auch ein besonderer Weißer Zwerg namens SDSS J1240+6710 erklären lassen, auf den sich Experten seit Jahren keinen rechten Reim machen können. Er saust 1440 Lichtjahre von der Erde entfernt durchs Weltall, mit flotten 432 Kilometern in der Sekunde, und ist deutlich leichter als viele andere Weiße Zwerge.
Die Sternleichen bleiben für gewöhnlich zurück, wenn ein Stern wie unsere Sonne am Ende ihres Brennzyklus in sich zusammenfällt – ohne dabei eine Supernova zu zünden. Doch dann werden die milchigen Kugeln nicht so stark beschleunigt wie SDSS J1240+6710. Und schon gar nicht bewegen sie sich dann in Gegenrichtung des galaktischen Karussells.
Der sonderbare Weiße Zwerg könnte daher ein Vertreter seiner Art sein, der eine Supernova-Explosion erlebt und überlebt hat: Seit einigen Jahren sind einige solcher Zwergsterne bekannt. Sie umkreisten ursprünglich einen anderen Stern auf dichten Bahnen. Dabei kamen sie diesem jedoch so nahe, dass sie dessen äußere Schichten aufsaugten.
Das ist einerseits ein Standardszenario der Supernova-Kunde, der Start der berühmten Supernovae vom Typ 1a. Aber manchmal kommt es zu Abweichungen vom klassischen Hergang. So kann sich die abgesaugte Materie beispielsweise nur punktuell an der Oberfläche des Sterns verdichten und dort eine kleine Supernova zünden. Dadurch wird der Zwerg nicht komplett zerrissen, sondern verliert nur seine äußeren Schichten.
Im Detail passt SDSS J1240+6710 allerdings auch nicht zu diesem Szenario, schreiben Wissenschaftler im Fachmagazin »Monthly Notices of the Royal Astronomical Society«. Unter anderem fehlen in seiner Gashülle schwere Elemente wie Eisen, die man im Fall einer überstandenen Supernova erwarten würde, da sie sich bei den extremen Temperaturen solch eines Ereignisses bilden.
Womöglich erlebte der Zwergstern also nur eine sehr milde Form einer partiellen Supernova. Sie hätte jedoch ausgereicht, um die Bahn des Zwergsterns so zu verändern, dass er und sein Partnerstern in entgegengesetzten Richtungen auseinandergeschleudert werden, glauben die Forscher. In diesem Fall könnte der Hergang den Exoten SDSS J1240+6710 erklären – und würde wohl eine weitere Subkategorie der Supernovae eröffnen.
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