Synthetische Nanobiologie: Minicomputer in der Zelle
Es ist eine Sciencefiction-Vision: programmierbare Zellen, die im Körper als winzige biologische Maschinen einsetzbar sind. Einen kleinen Schritt auf dem Weg dorthin haben nun Wissenschaftler der Harvard University in Boston und der Arizona State University gemacht. Im Labor entwarfen die Forscher programmierbare RNA-Schaltungen und setzten sie in Bakterien ein. Dort reagierten diese auf eingehende Informationen: Waren die Bakterien einem benutzerdefinierten Profil von Reizen ausgesetzt, begannen sie ein bestimmtes Protein zu produzieren. Die Ribonukleinsäure, kurz RNA, ist ein strangförmiges Molekül und ein wichtiger Bestandteil von lebenden Zellen. Eine wesentliche Rolle spielt sie standardmäßig bei der Herstellung von zellulären Proteinen – sie liefert gewissermaßen deren Baupläne.
Die in der Studie verwendeten Schaltungen erinnern dabei an so genannte Logikgatter (englisch: logic gate) in elektronischen Schaltkreisen. Die winzigen biologischen Schalter werden aber nicht durch elektrische Signale ausgelöst, sondern wenn RNA-Fragmente an ihre komplementären RNA-Sequenzen in der Schaltung andocken. Das wiederum erzeugt ein Ausgangssignal. Prinzipiell lassen sich die RNA-Schalter auf verschiedene Weise kombinieren und so komplexe Netzwerke bilden. Sie wären in der Lage, mehrere Informationen zu verarbeiten und darauf zu reagieren – ähnlich einem Computer, der sequenzielle Rechenoperationen wie Addition und Subtraktion ausführen kann und ein Ergebnis liefert.
Bereits seit einiger Zeit versuchen Biologen, Zellen gewissermaßen in Geräte zu transformieren, die nützliche Aufgaben erfüllen. Die Visionen reichen dabei von der Herstellung von Arzneimitteln und Biokraftstoffen bis hin zur Erkennung von Krankheitserregern und der Freisetzung von therapeutischen Molekülen im Körper. Solche Maschinen könnten auf derartigen RNA-Schaltungen basieren.
Bisherige synthetische biologische Schaltkreise sind nur in der Lage, eine Hand voll Signale zu erkennen. Ferner ist ihre Entwicklung sehr zeitintensiv. Die neue Methode könnte das ändern, so Alex Green, ein Autor der Studie: "Wir verwenden gut vorhersehbare und programmierbare RNA-RNA-Interaktionen, um zu definieren, was diese Schaltungen tun", meint der Forscher der Arizona State University, USA. "Das bedeutet, wir können Computerprogramme verwenden, um RNA-Sequenzen zu entwerfen, die sich dann genau so verhalten, wie wir es möchten. Dadurch wird der Designprozess viel schneller." Der Plan der Forscher ist es nun, RNA-Moleküle einzusetzen, um grundlegende logische Operationen zu kodieren. Diese Funktion soll Zellen in die Lage versetzen, "komplexere Entscheidungen" zu treffen. Dann, so die Forscher, sei mittels dieser Technik etwa eine kostengünstige Diagnosetechnologie denkbar. Bis allerdings RNA-Rechner im menschlichen Körper ihre Dienste verrichten, wird sicherlich noch einige Zeit vergehen.
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