Schädlingsbekämpfung: Mischung macht Mäuse giftresistent
Das gegen Maus- und Rattenplagen seit den 1950er Jahren erfolgreich eingesetzte Warfarin wirkt bei einigen Nagern mittlerweile nicht mehr. Ihren wirkungsvollen Resistenzmechanismus gegen das Mittel haben die Hausmäuse allerdings nicht selber erfunden, wie Michael Kohn von der Rice University in Houston und seine Kollegen jetzt berichten: Zunächst habe offenbar eine Wüstenmausart zufällig eine Rodentizidtoleranz entwickelt. Davon haben dann die Mischlinge dieser Art und der Hausmaus insbesondere dort profitiert, wo das Nagergift besonders häufig eingesetzt wurde.
Das Rodentizid Warfarin wird bei menschlichen Patienten auch als wirksames Antikoagulantium eingesetzt, es verhindert hier eine zu starke Blutgerinnung. Im Einsatz gegen Maus und Rattenplagen sorgt es durch die Inaktivierung des Vitamin-K-Epoxidreduktase-Enzymkomplexes (VKOR) aber für den Tod der Tiere. Kohns Team, zu dem deutsche Kollegen gehören, untersuchte nun resistente Tiere, die in der Nähe von Münster als besonders resistent aufgefallen waren. Dies liegt an der veränderten, nicht durch Warfarin inaktivierbaren Untereinheit VKOR1 von VKOR, wie Genanlysen zeigten.
Tatsächlich tragen die Tiere eine an gleich mehreren Stellen veränderte Variante des Gens. Exakt die selben Veränderungen wie in den resistenten Hausmäusen aus Deutschland finden sich auch im VKOR1-Gen eines Verwandten, der in Südeuropa heimischen Algerischen Hausmaus Mus spretus. Ganz offensichtlich hat die deutsche Hausmaus Mus musculus einen großen, etwa zehn Millionen DNA-Basen langen Genabschnitt von ihrem algerischen Vetter übernommen, schließen die Forscher.
Dies sei möglich, wenn die beiden Arten sich in einem überlappenden Verbreitungsgebiet getroffen, fortgepflanzt und Hybridnachwuchs bekommen haben, so die Wissenschaftler. Solche Hybride sind im Allgemeinen nicht sehr widerstandsfähig und deshalb benachteiligt. Offenbar ist die Resistenz gegen das Nagergift aber ein starker Selektionsvorteil für die Hybride gewesen: Tatsächlich zeigten eine Übersichtsanalyse von 50 Hausmäusen in Deutschland, dass 16 die veränderte Genvariante besitzen. In Spanien fanden die Forscher sogar 27 von 29 Tieren mit der resistenten Variante. Auf den britischen Inseln ist die Hybridmaus dagegen wohl noch nicht angekommen.
Nur mutmaßen die Wissenschaftler, warum sich ausgerechnet in der Wüstenmaus die ausgeprägte Resistenz im Laufe der Evolution entwickelt hat. Einige Kleinsäuger der Wüste (etwa der Goldhamster oder die Ägyptische Stachelmaus) sind allerdings bereits bekannt dafür, Warfarin-ähnliche Rodentizide besonders gut zu vertragen. Dies könnte daran liegen, dass sie in ihrer natürlichen Umwelt oft sehr Vitamin-K-arme Kost zu sich nehmen. Die natürliche Funktion des VKOR – die Reduktion von Vitamin K – wäre bei ihnen demnach weniger entscheidend für das Überleben. So konnten sich leichter verschiedene Varianten des Enzyms entwickeln, auch solche, die eine Resistenz vermitteln. Es handelt sich also womöglich um ein ernährungsbedingtes Abfallprodukt der Evolution mit in der Wüste tolerierbaren Nebenwirkungen – das dann erst den Hybriden, die mit Rodentiziden oft in Kontakt kommen, wirklich zum echten Vorteil gereicht hat. (jo)
Das Rodentizid Warfarin wird bei menschlichen Patienten auch als wirksames Antikoagulantium eingesetzt, es verhindert hier eine zu starke Blutgerinnung. Im Einsatz gegen Maus und Rattenplagen sorgt es durch die Inaktivierung des Vitamin-K-Epoxidreduktase-Enzymkomplexes (VKOR) aber für den Tod der Tiere. Kohns Team, zu dem deutsche Kollegen gehören, untersuchte nun resistente Tiere, die in der Nähe von Münster als besonders resistent aufgefallen waren. Dies liegt an der veränderten, nicht durch Warfarin inaktivierbaren Untereinheit VKOR1 von VKOR, wie Genanlysen zeigten.
Tatsächlich tragen die Tiere eine an gleich mehreren Stellen veränderte Variante des Gens. Exakt die selben Veränderungen wie in den resistenten Hausmäusen aus Deutschland finden sich auch im VKOR1-Gen eines Verwandten, der in Südeuropa heimischen Algerischen Hausmaus Mus spretus. Ganz offensichtlich hat die deutsche Hausmaus Mus musculus einen großen, etwa zehn Millionen DNA-Basen langen Genabschnitt von ihrem algerischen Vetter übernommen, schließen die Forscher.
Dies sei möglich, wenn die beiden Arten sich in einem überlappenden Verbreitungsgebiet getroffen, fortgepflanzt und Hybridnachwuchs bekommen haben, so die Wissenschaftler. Solche Hybride sind im Allgemeinen nicht sehr widerstandsfähig und deshalb benachteiligt. Offenbar ist die Resistenz gegen das Nagergift aber ein starker Selektionsvorteil für die Hybride gewesen: Tatsächlich zeigten eine Übersichtsanalyse von 50 Hausmäusen in Deutschland, dass 16 die veränderte Genvariante besitzen. In Spanien fanden die Forscher sogar 27 von 29 Tieren mit der resistenten Variante. Auf den britischen Inseln ist die Hybridmaus dagegen wohl noch nicht angekommen.
Nur mutmaßen die Wissenschaftler, warum sich ausgerechnet in der Wüstenmaus die ausgeprägte Resistenz im Laufe der Evolution entwickelt hat. Einige Kleinsäuger der Wüste (etwa der Goldhamster oder die Ägyptische Stachelmaus) sind allerdings bereits bekannt dafür, Warfarin-ähnliche Rodentizide besonders gut zu vertragen. Dies könnte daran liegen, dass sie in ihrer natürlichen Umwelt oft sehr Vitamin-K-arme Kost zu sich nehmen. Die natürliche Funktion des VKOR – die Reduktion von Vitamin K – wäre bei ihnen demnach weniger entscheidend für das Überleben. So konnten sich leichter verschiedene Varianten des Enzyms entwickeln, auch solche, die eine Resistenz vermitteln. Es handelt sich also womöglich um ein ernährungsbedingtes Abfallprodukt der Evolution mit in der Wüste tolerierbaren Nebenwirkungen – das dann erst den Hybriden, die mit Rodentiziden oft in Kontakt kommen, wirklich zum echten Vorteil gereicht hat. (jo)
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