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Misteln: Tödlicher Weihnachtsschmuck

Misteln erfreuen sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit als Dekoration. Doch die Schmarotzer sind eine reale Gefahr für Obstbäume und alte Streuobstwiesen.
Festlich geschmückter Mistelzweig
Mistelzweige schmücken auch in Deutschland immer häufiger zur Weihnachtszeit Türen und Fenster.

Misteln können gefährlich sein. Zumindest, wenn man der nordischen Mythologie glaubt. Da hatte die Göttin Frigg nicht nur alle Tiere und Pflanzen, sondern sogar die Steine schwören lassen, ihren Sohn Balder niemals zu verletzen. Doch die Mistel hatte sie dabei übersehen. Und so wurde Balder mit einer aus einem Mistelzweig gefertigten Waffe ermordet. Nach seinem Tod verwandelten sich die Tränen seiner Mutter in die weiß schimmernden Mistelbeeren. Und die Göttin bestimmte, dass diese Pflanzen künftig als Symbole für Frieden und Freundschaft dienen sollten.

Es gibt viele solcher Legenden, die sich um die ungewöhnlichen Pflanzen in den Baumkronen ranken. In früheren Jahrhunderten galten sie oft als Lebewesen zwischen Himmel und Erde, denen man allerlei magische Fähigkeiten zuschrieb. Und so ist es auch kein Zufall, dass der Druide Miraculix aus den Asterix-Comics seinen Zaubertrank ausgerechnet aus Misteln braut, die er mit einer goldenen Sichel von den Bäumen holt.

Das mag vielleicht ein bisschen aus der Zeit gefallen wirken. Doch bis heute ist der kugelige Strauch mit den weißen Beeren keine Pflanze wie jede andere. Denn zum einen haben sich Extrakte aus seinen Blättern tatsächlich als medizinisch wirksam erwiesen, so dass sie zur Blutdrucksenkung, gegen Arteriosklerose und zur Unterstützung der Krebstherapie eingesetzt werden.

Zum anderen haben die auch im Winter grün und lebendig wirkenden Gewächse noch immer eine hohe symbolische Bedeutung. In vielen Regionen Europas und Nordamerikas sind sie als Weihnachtsschmuck oder auch als Glücksbringer zu Neujahr beliebt. Und eine der bekanntesten Traditionen sieht es als gutes Omen für eine Beziehung, sich unter einem an der Decke oder über der Tür angebrachten Mistelzweig zu küssen.

Mehr Misteln, mehr Stress

Die Gelegenheiten dafür sind in den letzten Jahren deutlich häufiger geworden. Denn Misteln scheinen in verschiedenen Regionen der Welt auf dem Vormarsch zu sein. In Nordamerika zum Beispiel machen sich Zwergmisteln der Gattung Arceuthobium vor allem in den Nadelwäldern breit. In Australien erobern Vertreter der Gattungen Amyema und Korthalsella die Eukalyptus- und Akazienplantagen. Und auch die bei uns heimische Weißbeerige Mistel (Viscum album), die vom Süden Skandinaviens über Mitteleuropa bis nach Südeuropa vorkommt, scheint derzeit zu den Gewinnern der Pflanzenwelt zu gehören.

Fachleute unterscheiden bei dieser Art drei Unterarten, die jeweils auf unterschiedlichen Bäumen wachsen. Die Tannenmistel (Viscum album subsp. abietis) und die Kiefernmistel (Viscum album subsp. austriacum) haben sich auf die entsprechenden Koniferen spezialisiert. Die Laubholz-Mistel (Viscum album subsp. album) dagegen kann sich auf vielen verschiedenen Wirten ansiedeln, häufig findet man sie zum Beispiel auf Linden, Pappeln, Weiden, Ahorn und Apfelbäumen. Vor allem diese Unterart hat sich in letzter Zeit in Deutschland stark ausgebreitet.

Mistelbusch an einem Obstbaum | Misteln sind Schmarotzer und können befallene Bäume schwer schädigen. Besonders überalterte Streuobstwiesen sind betroffen.

Für Weihnachtsfans und Verliebte, Druiden und Pharmazeuten klingt das nach einer guten Nachricht. Doch Misteln haben auch noch eine andere Seite, die ihr massenhaftes Auftreten problematisch macht. Als so genannte Halbschmarotzer gewinnen sie ihre Energie zwar genau wie andere Pflanzen per Fotosynthese aus dem Sonnenlicht und dem Kohlendioxid der Luft. Einen Teil ihrer Lebenskraft jedoch saugen sie aus den Bäumen, auf denen sie wachsen. Dazu schicken sie wurzelähnliche Gebilde durch das Holz bis in die Leitungsbahnen und zapfen dort Wasser und Nährstoffe ab. »Sie haben zwar nicht das Ziel, ihre Wirte dadurch zu töten«, erklärt Gerald Parolly vom Botanischen Garten Berlin. »Aber sie schwächen die Bäume und können sie im Extremfall sogar zum Absterben bringen.«

Wie ein Alien saugen sie das Leben aus

Auch wenn sie meist am Leben bleiben, wachsen betroffene Exemplare oft schlechter. Manchmal sterben Triebe ab, und es zeigen sich Symptome von Wasser- und Nährstoffmangel. Forstwirte ärgern sich über geringere Mengen und eine schlechtere Qualität des Holzes, Obstbauern über weniger Blüten und Früchte. Und oft sind befallene Gehölze anfälliger für die Attacken von Insekten und Pilzen. Zu viele Stressfaktoren sind für Bäume nicht gesund.

Wie sehr die Misteln ihre Wirte unter Druck setzen, lässt sich mit Hilfe chemischer Untersuchungen herausfinden. Alba Lázaro-González von der Universität im spanischen Granada und ihre Kollegen haben zum Beispiel das chemische Profil von Schwarzkiefern mit und ohne Mistelbefall analysiert. In den Nadeln stark parasitierter Bäume fanden sie größere Mengen von chemischen Verteidigungswaffen wie Phenolen und Tanninen, dafür aber deutlich weniger Stickstoffvorräte. Solche Veränderungen ähneln denen, die Wissenschaftler von anderen pflanzlichen Stressreaktionen kennen. Ein paar Misteln in der Krone verändern die Chemie der Kiefernnadeln beispielsweise ähnlich wie eine Dürre. Bei mittlerem oder hohem Befall fällt die Reaktion sogar ähnlich stark aus wie bei einem Feuer.

Laubbäume reagieren ebenfalls gestresst auf die Mitbewohner in ihrem Geäst, zeigt die Studie eines rumänischen Forschungsteams um Eva Kleszken von der Universität in Oradea. In den Blättern der besonders stark befallenen Pappeln fanden sich nicht nur dreimal so hohe Phenolkonzentrationen wie bei verschont gebliebenen Artgenossen. Ihnen fehlte ebenso rund ein Drittel des für die Fotosynthese zuständigen Pigments Chlorophyll a. Auch bei Apfelbäumen reduzierten die Misteln den Pigmentgehalt um 29 Prozent, bei Pflaumen dagegen nur um zehn Prozent.

Gefahr für Streuobstwiesen

Das passt zu einem Befund, der Naturschützern Sorge macht: Seit den 1990er Jahren breitet sich die Laubholzmistel vor allem in Süd- und Mitteldeutschland massiv in den Streuobstwiesen aus, warnt der Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Vor allem die in der rumänischen Studie als sensibel aufgefallenen Apfelbäume leiden stark unter dem Befall, zeigen oft Wucherungen und krebsartige Schäden. »Doch seit Neuestem finden sich die Misteln in einigen Regionen auch auf Birnbäumen«, berichtet Markus Rösler vom Bundesfachausschuss Streuobst des NABU. Dabei hatte man gerade diese Bäume für einigermaßen sicher gehalten. Schließlich haben sie eine Gegenstrategie entwickelt und lassen ihr Gewebe rund um die Keimungsstelle des unliebsamen Mitbewohners absterben. Lange hat das gut funktioniert, die Misteln hatten meist keine Chance. »In letzter Zeit scheint das in einigen Gebieten nicht mehr der Fall zu sein«, sagt Rösler. »Und wir haben noch keine Ahnung, woran das liegt.«

Klar ist jedenfalls, dass Misteln vor allem geschwächte und schlecht gepflegte Obstbestände stark befallen und nachhaltig schädigen können. Und das ist sowohl aus naturschutzfachlicher als auch aus kultureller Sicht ein Problem. Denn Streuobstwiesen, auf denen hochstämmige Obstbäume ohne Einsatz synthetischer Düngemittel und Pestizide wachsen, gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Weit mehr als 5000 Arten von Pflanzen, Tieren und Pilzen haben Fachleute dort schon nachgewiesen. Gleichzeitig sind diese Landschaften ein lebendiges und vielfältiges Kulturerbe. Immerhin wachsen dort insgesamt rund 3000 Obstsorten, viele davon sind Lokalsorten, die man nur an einzelnen Orten findet.

Diese Hotspots der biologischen Vielfalt stehen seit Jahren als »stark gefährdet« auf der Roten Liste der Biotoptypen Deutschlands. Denn obwohl seit den 1980er Jahren mancherorts Bäume nachgepflanzt wurden, müssen heute noch Streuobstwiesen Neubaugebieten weichen oder werden aufgegeben, weil sich die Nutzung nicht mehr rechnet. Und jetzt kommen noch die Misteln dazu. »Dieses Problem ist nicht überall in Deutschland dramatisch«, betont Rösler. »Aber manche Fachleute sagen, dass die Streuobstwiesen in Rheinland-Pfalz oder im Saarland schon stärker durch Misteln gefährdet sind als durch die Bebauung.«

Gärten und Wälder

Es sind allerdings nicht nur Obstbäume, denen die vielen Schmarotzer in ihren Kronen zusetzen. Gerald Parolly kann das Problem schon beim Blick aus seinem Bürofenster besichtigen. Der Botanische Garten Berlin besitzt eine große pflanzengeografische Abteilung, in der typische Pflanzengemeinschaften aus unterschiedlichen Weltregionen gezeigt werden. »Auch dort haben wir ein Mistelproblem«, sagt der Biologe. Mit am schlimmsten ist es im Bereich der nordamerikanischen Wälder, doch an anderen Stellen versuchen die Schmarotzer mit den weißen Beeren ebenfalls immer wieder Fuß zu fassen. Betroffen sind alle möglichen Gehölze von Birken und Pappeln bis zu Robinien und Rosengewächsen. »Wir haben zwar keine langjährige Erhebung dazu gemacht«, sagt der Wissenschaftler. »Aber der Befall hat in den letzten Jahren ganz sicher zugenommen.«

Stark befallener Baum | Wenn Bäume über und über mit Misteln bewachsen sind, dauert es manchmal nicht mehr lange, bis sie absterben. Aussägen kann man die Misteln bei dieser Menge auch nicht mehr, ohne den Baum auf diese Weise zu zerstören.

Einen ähnlichen Trend beobachten Fachleute in den Wäldern Polens. Ein Team um Pawel Lech vom Institut für Waldforschung in Raszyn hat dort Daten aus dem nationalen Wald-Monitoring der Jahre 2008 bis 2018 analysiert. Schäden durch Misteln wurden dabei an insgesamt zwölf Baumarten festgestellt. Am stärksten betroffen waren Weißtannen und Waldkiefern, seltener auch Birken. Am liebsten besiedeln die einstigen Zauberpflanzen offenbar große Bäume, die mehr als 80 bis 100 Jahre alt sind.

Besonders interessant ist der Studie zufolge, dass sich der Befall in den Jahren 2008 bis 2018 stetig ausgebreitet hat. Die höchsten Mistelkonzentrationen fanden sich in West- und Zentralpolen, von dort sind die Pflanzen allmählich nach Osten vorgerückt. Die geringsten Schäden gab es im Norden des Landes und in den Bergen im Süden. Das passt zum regionalen Muster der Trockenperioden, die Polen in den letzten Jahren erlebt hat: In den Gegenden mit den stärksten Dürren wuchsen die meisten Misteln. Die Forscher halten es deshalb für wahrscheinlich, dass der Klimawandel den Vormarsch der Misteln in polnischen Wäldern begünstigt hat.

Dieser Verdacht besteht auch andernorts. »Misteln sind zwar nicht besonders wärmeliebend, schließlich kommen sie sogar in Skandinavien vor«, sagt Streuobst-Experte Markus Rösler. Auffällig sei jedoch, dass sie sich in Mitteleuropa von Süden nach Norden ausbreiten und zunehmend die höheren Lagen der Mittelgebirge erobern. »Das ist ein Indiz dafür, dass sie in Regionen vordringen, die vorher klimatisch ungünstig waren.«

Möglicherweise profitieren dabei nicht nur die Parasiten selbst von den steigenden Temperaturen, sondern ebenso ihre Überträger. Die Beeren von Misteln sind bei Drosseln, Rabenvögeln und vielen anderen Arten beliebt. Vor allem im Winter. Wenn diese die Snacks mit dem klebrigen Fruchtfleisch fressen, bleibt leicht ein Teil davon am Schnabel hängen. Den streifen die Vögel dann oft an einem Baum ab und übertragen so die Samen des Parasiten auf die Rinde. Auch mit dem Kot der Tiere können sich Misteln sehr effektiv ausbreiten. Und dieses Erfolgsrezept dürfte umso besser funktionieren, je mehr gefiederte Transporteure über den Winter kommen.

Mangelnde Pflege

Für viele mitteleuropäische Baumarten sind die steigenden Temperaturen und sinkenden Niederschlagsmengen dagegen der pure Stress. »Die Misteln kommen besser durch trockene Sommer als viele ihrer Wirte«, sagt Gerald Parolly. Dadurch werde es problematischer, wenn sich die Parasiten in den Kronen ansiedeln. »Baumbestände, die ohnehin schon durch den Klimawandel oder andere Probleme geschwächt sind, leiden besonders stark unter dem Befall«, erklärt der Biologe.

Im Botanischen Garten allerdings werden die Anlagen im Sommer bewässert. Deshalb führt Gerald Parolly den zunehmenden Mistelbefall dort zusätzlich auf einen anderen Effekt zurück. Von den Berliner Straßen- und Parkbäumen werden die Misteln in der Regel nämlich nicht oder zu wenig entfernt. Und wenn sie einmal da sind, breiten sie sich weiter aus. Je mehr Misteln es gibt und je näher sie dem Garten rücken, umso wahrscheinlicher ist es, dass immer mehr Samen von den Vögeln dorthin getragen werden.

»Auch bei Obstbäumen hat man schon in den 1940er Jahren erkannt, dass mangelnde Pflege zu einer Ausbreitung der Misteln führt«, ergänzt Markus Rösler. Ohnehin brauchen vor allem Apfelbäume regelmäßig einen Schnitt, um vital zu bleiben und eine gute Ernte zu liefern. Bei solchen Pflegemaßnahmen wurden früher die schmarotzenden Büsche in den Kronen entfernt. Doch je mehr der Streuobstbau von einer Einkommensquelle zu einer Liebhaberei wurde, umso mehr Bestände blieben zu lange sich selbst überlassen. Das dürfte den Siegeszug der Misteln ebenfalls begünstigt haben.

Nicht unter Naturschutz

Lässt sich dem Problem also mit Säge und Astschere zu Leibe rücken? Praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Studien sprechen dafür. So hat ein Forschungsteam der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking, der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg experimentell die Misteln von den Waldkiefern in einem Tal in der Schweiz entfernt. Anschließend waren diese Bäume deutlich fitter als ihre Artgenossen mit Parasiten in der Krone. Sie hatten zum Beispiel längere Nadeln, die mehr Stickstoff und Zucker enthielten. Zudem wuchsen die Triebe stärker, und die Stämme bildeten breitere Jahresringe.

Mistelbeeren | Die klebrigen Früchte werden gerne von Vögeln gefressen. Über den Kot oder weil die Samen am Schnabel hängen bleiben, verteilen die Tiere sie an immer neue Standorte.

Da Misteln trotz anders lautender Gerüchte nicht unter Naturschutz stehen, ist es also eine gute Idee, sie an problematischen Standorten zu entfernen. Die Fachleute des polnischen Instituts für Waldforschung sehen bisher allerdings keine effektive und wirtschaftliche Möglichkeit, das in Kiefernforsten praktisch umzusetzen. In anderen Lebensräumen ist das einfacher, bleibt aber aufwändig – und erfordert mitunter eine Radikalkur. Denn um eine Mistel dauerhaft loszuwerden, muss man mindestens 30 bis 50 Zentimeter von ihrem Ansatz ins gesunde Holz zurückschneiden. Sonst bleiben die Saugwurzeln erhalten und treiben später wieder aus. Der Botanische Garten Berlin hat deshalb schon einige stark befallene Bäume auf die Fällliste gesetzt. »Bei denen hätte man so viele Äste entfernen müssen, dass sie ohnehin keine lange Perspektive mehr gehabt hätten«, sagt Gerald Parolly.

Sägen für die Gesundheit

Für Obstbestände empfiehlt der NABU-Bundesfachausschuss Streuobst eine Abwägung: Bei geringem Befall solle man rigoros gegen die Schmarotzer vorgehen und sie möglichst komplett entfernen. Wenn man stark befallene Bäume nicht ganz fällen oder massiv schädigen wolle, bleibe als Notmaßnahme nur, die Misteln etwa alle drei bis vier Jahre abzubrechen oder abzuschneiden. »Dann kommen sie zwar zurück, können aber erst nach etwa vier bis fünf Jahren wieder Früchte bilden«, erklärt Markus Rösler. Das verschafft dem Baum zumindest eine Atempause. Und man kann verhindern, dass sich die Pflanzen mit Hilfe ihrer Beeren weiter ausbreiten.

»Unser Ziel ist es nicht, die Misteln komplett auszurotten«, betont der Streuobst-Experte. Schließlich bieten die weißen Beeren allein in Berlin und Brandenburg Nahrung für mindestens 27 heimische Vogelarten. Zudem gibt es einige Insekten, die zwingend auf die Pflanzen in den Baumkronen angewiesen sind. Trotzdem sehen die Fachleute vom NABU kein Problem darin, die Schmarotzer aus Streuobstwiesen zu entfernen. »An Pappeln zum Beispiel werden sie ja weiterhin wachsen«, sagt Rösler.

Zumal den Gewächsen eine rosige Zukunft bevorstehen könnte. So hat ein Team um Lukasz Walas vom Institut für Dendrologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften Daten über Mistelvorkommen aus ganz Europa analysiert. Basierend auf den dort herrschenden Klimaverhältnissen haben die Forscher dann mit Computermodellen simuliert, wo die drei Unterarten in Zukunft wachsen könnten. Vor allem die Laubholzmistel, die so viele verschiedene Wirte befallen kann, dürfte sich demnach weiterhin in alle möglichen Richtungen ausbreiten.

Ob sich die dadurch entstehenden Probleme mit den bisherigen Methoden eindämmen lassen, ist fraglich. Viele Fachleute plädieren deshalb dafür, nach neuen und wirksameren Bekämpfungsmethoden zu suchen. Eine Gruppe um Gaurav Mudgal von der Universität Chandigarh im indischen Mohali sieht zum Beispiel viel Potenzial in der Idee, die natürlichen Gegenspieler der Parasiten zu rekrutieren. Schließlich gibt es weltweit eine ganze Reihe von Insekten, Bakterien und Pilzen, die Misteln befallen und schädigen. Etliche davon sind schon identifiziert und auf ihre Talente als biologische Schädlingsbekämpfer getestet worden. In der Türkei zum Beispiel hat ein Team um Recep Kotan von der Atatürk-Universität in Erzurum auf kranken Weißbeerigen Misteln eine ganze Reihe von Pilzen und Bakterien entdeckt. Unter den Pilzen fanden sich vier, die damit besprühte Misteln stark schädigten.

Bisher sind solche Ansätze allerdings erst im Laborstadium, eine kommerzielle Anwendung gibt es bislang nicht. Um die Misteln von den Bäumen zu holen, ist man also heute noch auf mechanische Methoden angewiesen, mit denen schon der Druide Miraculix gearbeitet hat. Eine goldene Sichel braucht es dabei allerdings nicht.

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