Naturschutz: Mistkäfer sei Dank
Wie begeistert man Ökonomen für den Schutz von Insekten und ihrem Lebensraum? Mit einer kapitalistisch begründeten Kosten-Nutzen-Rechnung: Die wenig beliebten Mistkäfer, zum Beispiel, ersparen den US-Amerikanern Auslagen in Höhe von 380 Millionen Dollar - einfach nur durchs Mistkugelbauen.
Die gemeine Honigbiene hat sich – ihrer arbeitsamen Natur entsprechend – schon vor Hunderten von Jahren dem Fron der Geldwirtschaft unterworfen und muss sich darum um den eigenen Fortbestand nur wenig sorgen. Anders geht es ihren wild lebenden Artgenossen und vielen anderen, anarchistisch organisierten Vertretern der Insektenwelt – obwohl selbst nicht faul, entzieht sich ihr Schaffen und Wirken zu großen Teilen der Aufmerksamkeit menschlicher Beobachtung. Mit der unangenehmen Folge, dass die unscheinbaren Gesellen beim Verteilen staatlicher Naturschutzgelder gar zu oft übersehen werden.
Eine Ungerechtigkeit, befanden Mace Vaughan, Direktor für Naturschutz der Xerces Society for Invertebrate Conservation und der Insektenkundler John Losey von der Cornell-Universität – und errechneten in akribischer Kleinarbeit, wie viele Dollar die US-Amerikaner jährlich draufzahlen müssten, wenn die fleißigen Krabbeltiere wegen Missachtung oder Ausrottung ihre Fühler ruhen ließen.
Weil Insekten in einem funktionierenden Ökosystem eine Fülle von Aufgaben erfüllen, gleichzeitig aber nur wenige ihrer Tätigkeiten Eingang in wissenschaftliche Dokumentationen gefunden haben, die für ihre Fragestellung genutzt werden konnten, beschränkten sich die Forscher auf insgesamt vier Bereiche insektoider Dienstleistungen: Die Bestäubung von Pflanzen, die Bekämpfung von Getreideschädlingen, die Verarbeitung tierischer Fäkalien und die Rolle der Sechsbeiner als Nahrungsgrundlage begehrter Angler- und Jägerobjekte.
Doch von den insgesamt 9000 Kilogramm Rinderkot, welche jedes der 100 Millionen in den USA lebenden Tiere jährlich produziert, kommt nur ein Bruchteil in die durch den Mistkäfer angestoßene Verwertungskette. Zwar leben drei Viertel der Wiederkäuer durchaus auf Freiland, doch über die Hälfte von ihnen wird mit Pestiziden behandelt, die auf den schwarzen Sechsbeiner giftig wirken. Zu schade: Denn auch gegen Rinderparasiten vermag der Käfer anzugehen – indem er ihnen mit seiner Kugeldreherei den feuchten Nährstoffboden entzieht.
Trotz dieser Widrigkeiten, errechneten Losey und Vaughan, häuft der Mistkäfer dennoch jährlich einen finanziellen Nutzen von 380 Millionen Dollar an – Geld, das dank seiner nicht in Dünger, größere Koppeln oder Medikamente gegen Parasiten investiert werden muss. Dennoch sind die Bemühungen des Mistkäfers nur Peanuts gegen die Beträge, die nicht-domestizierte Insekten bei der Bekämpfung und Eindämmung von Getreideschädlingen erzielen.
Insekten sind also sehr aktiv. Auf 57 Milliarden Dollar schätzen Losey und Vaughan die ökonomische Gesamtleistung ihrer unermüdlichen Detailarbeit in Wald und Feld und für Mensch und Tier pro Jahr. Kleinvieh macht eben auch Mist – und verdient es somit womöglich auch aus ökonomischer Sicht, geschützt zu werden.
Eine Ungerechtigkeit, befanden Mace Vaughan, Direktor für Naturschutz der Xerces Society for Invertebrate Conservation und der Insektenkundler John Losey von der Cornell-Universität – und errechneten in akribischer Kleinarbeit, wie viele Dollar die US-Amerikaner jährlich draufzahlen müssten, wenn die fleißigen Krabbeltiere wegen Missachtung oder Ausrottung ihre Fühler ruhen ließen.
Weil Insekten in einem funktionierenden Ökosystem eine Fülle von Aufgaben erfüllen, gleichzeitig aber nur wenige ihrer Tätigkeiten Eingang in wissenschaftliche Dokumentationen gefunden haben, die für ihre Fragestellung genutzt werden konnten, beschränkten sich die Forscher auf insgesamt vier Bereiche insektoider Dienstleistungen: Die Bestäubung von Pflanzen, die Bekämpfung von Getreideschädlingen, die Verarbeitung tierischer Fäkalien und die Rolle der Sechsbeiner als Nahrungsgrundlage begehrter Angler- und Jägerobjekte.
Insbesondere der Mist- oder Blatthornkäfer, Hauptakteur bei der Verarbeitung tierischer Verdauungsprodukte, erwies sich den Autoren zufolge als ökonomischer Tausendsassa. Mit seiner Vorliebe für das Durchwühlen und Verköstigen frischer Kuhfladen reduziert er nicht nur deren Verrottungszeitraum von 28 auf 22 Monate und hilft so dabei, das zugekotete Gras einer Rinderkoppel möglichst schnell wieder in den Zustand schmackhafter Reinheit zu versetzen. Der Käfer fungiert auch gleich noch als Düngehelfer: Bei der Verarbeitung des Rinderkotes zu Mistkugeln bindet der kleine Geselle große Teile des im Kuhfladen enthaltenen Stickstoffes und macht ihn damit für Pflanzen zugänglich; ohne seine Anstrengungen gehen in der Regel etwa achtzig Prozent des Stickstoffes durch Verdunstungsprozesse verloren.
Doch von den insgesamt 9000 Kilogramm Rinderkot, welche jedes der 100 Millionen in den USA lebenden Tiere jährlich produziert, kommt nur ein Bruchteil in die durch den Mistkäfer angestoßene Verwertungskette. Zwar leben drei Viertel der Wiederkäuer durchaus auf Freiland, doch über die Hälfte von ihnen wird mit Pestiziden behandelt, die auf den schwarzen Sechsbeiner giftig wirken. Zu schade: Denn auch gegen Rinderparasiten vermag der Käfer anzugehen – indem er ihnen mit seiner Kugeldreherei den feuchten Nährstoffboden entzieht.
Trotz dieser Widrigkeiten, errechneten Losey und Vaughan, häuft der Mistkäfer dennoch jährlich einen finanziellen Nutzen von 380 Millionen Dollar an – Geld, das dank seiner nicht in Dünger, größere Koppeln oder Medikamente gegen Parasiten investiert werden muss. Dennoch sind die Bemühungen des Mistkäfers nur Peanuts gegen die Beträge, die nicht-domestizierte Insekten bei der Bekämpfung und Eindämmung von Getreideschädlingen erzielen.
Zwischen 1988 und 1990 lag der jährliche finanzielle Ausfall durch Getreideschädlinge in Nordamerika bei 7,5 Milliarden Dollar. Aus diesem Prozentsatz errechneten die Autoren einen durchschnittlichen jährlichen Gesamtausfall für die gesamte US-amerikanische Agrarindustrie von knapp 16 Milliarden Dollar, zuzüglich weiterer 3 Milliarden Dollar an Ausgaben für Insektizide. Eine stattliche Summe. Doch wie hoch wären wohl die finanziellen Ausfälle, wenn es keine Insekten gäbe, die nur dank ihres Appetites einen großen Teil der Pflanzenschädlinge in Schach halten? Genau 23,5 Milliarden Dollar, ermittelten Losey und Vaughan in einer komplizierten Rechenoperation – dank Marienkäfer, Schlupfwespe und Co spart die Agrarindustrie also jährlich 4,5 Milliarden Dollar.
Auch bei der Bestäubung spielen nicht-domestizierte Insekten noch immer eine große Rolle: jedes Jahr sorgen sie mit ihren Rundflügen über Wald, Wiese und Feld für Früchte und Pflanzen im Wert von etwa 3 Milliarden Dollar. Sogar Hobbyangler sind von Insekten abhängig: Schließlich sind die Sechsbeiner Nahrungsgrundlage vieler Flossentiere. Und auch die Jäger hätten weniger Erfolgserlebnisse, wenn sich die Küken von Wachtel, Moorhuhn und Fasan nicht ihre nötige Portion Insekten einverleiben könnten.
Insekten sind also sehr aktiv. Auf 57 Milliarden Dollar schätzen Losey und Vaughan die ökonomische Gesamtleistung ihrer unermüdlichen Detailarbeit in Wald und Feld und für Mensch und Tier pro Jahr. Kleinvieh macht eben auch Mist – und verdient es somit womöglich auch aus ökonomischer Sicht, geschützt zu werden.
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