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News: Mit der Wärme kamen die Moose

Schon lange setzen Wissenschaftler Moose als Indikatororganismen für Umweltverschmutzung ein. Die Pflanzen nehmen Wasser und Nährstoffe direkt über ihre Oberfläche auf und reagieren daher besonders empfindlich auf Gifte in Luft und Wasser. Aber nicht nur das: Jetzt fanden Forscher heraus, daß die Organismen anscheinend auch für das Monitoring von Klimaschwankungen geeignet sind - die überdurchschnittlich warmen Winter in jüngster Zeit brachten in zehn Jahren elf Moose nach Deutschland, die ursprünglich mediterran, mediterran-atlantisch oder atlantisch verbreitet waren.

Tortella inflexa etwa ist eine mediterran-atlantische Art. Die Nordgrenzen ihrer Verbreitung waren Südengland und Westfrankreich. 1984 wurde sie in den Niederlanden und bei Aachen gefunden. Dicranella howei zog das Mittelmeer vor: Dort ist das Moos im gesamten Gebiet verbreitet – von Griechenland bis Portugal. In den letzten Jahren tauchte es im Saarland und in Rheinland-Pfalz auf. Die ozeanische Art Sematophyllum micans hat sich anscheinend in den Vogesen fest etabliert.

Moose sind das ganze Jahr über stoffwechselaktiv, wobei ihr Wachstumsschwerpunkt in Frühjahr, Herbst und in fostfreien Winterperioden liegt. Sie produzieren oft sehr schnell eine hohe Zahl an Sporen, mit deren Hilfe sie sich über weite Strecken ausbreiten können. Diese Eigenschaften ermöglichen ihnen, ihr Areal schnell auszuweiten, wenn die klimatischen Bedingungen dafür gegeben sind. Daher sollten sie sich insbesondere eignen, Temperaturänderungen in der kalten Jahreszeit anzuzeigen, in der andere Pflanzen eine Ruhephase einlegen.

Während im Winter 1984/85 die Temperaturen an 24 Prozent der Tage den Mittelwert aus 30 Wintern überschritten, der aus den Daten aller Wetterstationen Deutschlands errechnet wird, waren es 1994/95 gleich 82 Prozent. Der Höchstwert für das letzte Jahrzehnt wurde 1988/89 mit 88 Prozent überdurchschnittlich warmer Tagen erreicht. Insgesamt stiegen die Wintertemperaturen von 1961 bis 1990 in weiten Teilen Mitteleuropas um 1 bis 1,5 Grad Celsius. Auch bestimmen atlantische Luftmassen den europäischen Kontinent in den Wintermonaten sehr viel stärker als in früheren Jahren.

Untersuchungen von Prof. Dr. Jan-Peter Frahm vom Botanischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und Prof. Dr. Dieter Klaus von den Geographischen Instituten der Universität Bonn zeigen, daß die Ausbreitung der neu gefundenen Moosarten auffällig mit dieser Erhöhung der Wintertemperaturen, der Zunahme zyklonaler Aktivitäten während der Wintermonate und dem Rückgang von Perioden mit hohem Luftdruck korreliert (Erdkunde, Band 51/3 von Juli-September 1997). Daher liegt die Schlußfolgerung nahe, daß die Nord- und Ostausbreitung der Sporenpflanzen auf die Zunahme der Wintertemperaturen in den letzten drei Jahrzehnten zurückzuführen ist. Da Moose anscheinend so sensibel auf Änderungen der mittleren Temperaturen reagieren, bieten sie sich als Bioindikatoren für winterliche Klimafluktuationen an.

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