News: Mit Eis oder ohne?
Dem widersprach vor kurzem George Parks von der University of Washington (siehe „Harter Kampf um´s kalte Eis”, Spektrum Ticker vom 19. November 1997). Er hatte festgestellt, daß die Kamera auch dann dunkle Flecken aufnahm, wenn mit Sicherheit keine zu sehen waren. Dieser Artefakt trat selbst im Labor auf.
Frank konterte umgehend am 9. Dezember auf dem Treffen der American Geophysical Union. Dort präsentierte er zusammen mit John B. Sigwarth neue Aufnahmen, die mit den Instrumenten an Bord des Satelliten Polar gemacht wurden. Diesmal waren die Fotos in verschiedenen Abständen von der Erde aufgenommen worden, einmal in einer Höhe von fünf und dann von acht Erdradii. Die Bilder aus größerer Entfernung zeigten etwa 80 Prozent weniger Flecken als jene in niedrigerer Umlaufbahn. Ein Kamerafehler sollte dagegen unbeeinflußt von der Position immer gleich auftreten. Frank hält die Möglichkeit, daß die dunklen Flecken nur ein schwarzes Rauschen sind, damit für widerlegt.
Doch die Skeptiker attackieren seine Hypothese noch in anderer Hinsicht: Berechnungen von Bashar Rizk und Alex J. Dessler vom Lunar and Planetary Laboratory der University of Arizona haben ergeben, daß Eisklumpen von 30 Tonnen Masse und circa 10 Metern Durchmesser, wie Frank sie beschreibt, am Himmel mit einem hellen Aufleuchten verdampfen würden. Ihre Helligkeit sollte zwischen dem Vollmond und der Venus liegen, so daß sie selbst am Tage mit bloßem Auge zu sehen wären. In der Dämmerung müßte der Himmel wie ein Weihnachtsbaum funkeln. Die Wissenschaftler fragen sich daher: „Wo sind sie [die Eiskometen]? Wir sollten sie sehen können.”
Timothy D. Swindle und David A. Kring vom gleichen Institut suchen in der Zusammensetzung unserer Atmosphäre nach Anzeichen für kosmische Eisbrocken. Wenn die kleinen Kometen sich in den Tiefen des Weltalls gebildet haben, müßten sie etwa den gleichen Anteil an Edelgasen in sich eingeschlossen haben, wie in der Sonne und ihren Planeten zu finden ist. Ein Milliarden Jahre dauernder Beschuß der Erde mit Eisklumpen hätte entsprechende Mengen der Gase mit sich bringen müssen. Swindle und Kring haben errechnet, daß der Gehalt an Krypton und Xenon dann 500 mal höher liegen müßte als der aktuelle Wert, von Argon sollte sogar das 30000fache vorhanden sein.
Schließlich stellen Jennifer A. Grier und Alfred S. McEwen vom Lunar and Planetary Laboratory die Ergebnisse ihrer Mondkraterzählung vor. Gemäß der Hypothese von den kleinen Kometen sollte der Mond jede Minute von einem Einschlag heimgesucht werden. Das ergibt im Jahr 400000 neue Krater, die mindestens 50 Meter Durchmesser hätten und von einem hellen Kranz von 150 Metern Durchmesser umgeben wären. Grier und McEwen verglichen Bilder, die Apollo 17 im Jahre 1972 gemacht hat, mit Aufnahmen der Clementine-Sonde, die 22 Jahre später den Erdtrabanten kartierte. Insgesamt werteten sie eine Fläche von 52000 Quadratkilometern aus. Von den gezählten 3920 hellen Punkten waren alle bereits 1972 vorhanden. Nach Griers und McEwens Meinung treffen statt der prognostizierten 400000 Kleinkometen jedes Jahr höchstens 33 auf den Mond.
Wie so oft in der Wissenschaft sprechen gute Gründe für und ebenso stichhaltige Indizien gegen eine Hypothese. In der Frage, ob Eisbrocken aus dem Weltall uns heimsuchen oder nicht, ist jedenfalls auch bei dieser Tagung noch nicht das letzte Wort gesprochen.
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