Direkt zum Inhalt

News: Mit Geduld zum Erfolg

Ein schwaches Männchen hat es schwer. Will es ein Weibchen seiner Wahl erobern, wartet meist schon der stärkere Geschlechtsgenosse und vertreibt den Konkurrenten. Die Chance, sich zu vermehren, ist somit minimal. Doch das muss nicht immer so sein: Die dominanten Männchen ausgewildeter Hausschafe verausgaben sich so sehr in der Paarungszeit, dass später auch die schwächeren zum Zuge kommen können.
St. Kilda heißt das Paradies für Schafe. Auf der kleinen Inselgruppe 160 Kilometer vor der schottischen Küste setzten 1930 Bauern einige Hausschafe (Ovis aries) aus, die sich, unbehelligt von menschlichen Einflüssen, munter vermehren konnten. Inzwischen leben hier etwa 1400 Tiere.

Die Schafe nehmen es mit der Treue nicht so genau. Während ihrer zweitägigen Brunstphase paaren sich die Weibchen mit bis zu sieben Männchen; die Männchen wiederum können bis zu 13-mal am Tag kopulieren. Doch nicht alle Böcke kommen zum Zuge. Heftig kämpfen die Tiere um ihre Rangordnung, und nur die stärksten mit den größten Hörnern setzen sich durch. Es sieht demnach so aus, dass schwächere Männchen praktisch keine Chance haben, sich fortzupflanzen.

Doch ist das wirklich so? Brian Preston, Ian Stevenson und Kenneth Wilson von der University of Stirling sowie Josephine Pemberton von der University of Edinburgh wollten es genau wissen. Sie entdeckten, dass die Böcke nicht nur unmittelbar um die Weibchen kämpfen. Daneben existiert noch eine viel subtilere Art eines Wettkampfes: die Konkurrenz der Spermien. Da die Weibchen sich innerhalb kurzer Zeit mit mehreren Männchen paaren, konkurrieren die Spermien mehrerer potenzieller Väter untereinander. Und auch hier setzen sich nur die fittesten durch. "Die Konkurrenz der Spermien funktioniert wie eine Lotterie", sagen die Forscher, "je mehr Lose, desto größer ist die Gewinnchance." Entsprechend investieren die Schafböcke in ihre Geschlechtszellen – sie besitzen extrem große Hoden.

Wie jede Investition ist auch diese nicht kostenlos. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der Fortpflanzungserfolg der ranghohen Böcken zu Beginn der Paarungszeit hoch ist, dann jedoch abfällt. Die Tiere paaren sich zwar nach wie vor häufig, die Qualität ihrer Spermien geht jedoch rapide zurück. Jetzt schlägt die Stunde der schwächeren Männchen. Sie finden zwar immer noch selten einen Geschlechtspartner, ihre Spermien sind jedoch bei der Befruchtung erfolgreicher als die ihrer dominanten Konkurrenten. Dadurch kommen auch sie zur ersehnten Vaterschaft und können den Erhalt ihres Erbgutes sicherstellen.

"Wir haben erstmalig gezeigt, dass die Erschöpfung von Spermien die offensichtliche Konkurrenz untergraben kann", erklärt Ian Stevenson. "Untergeordnete Männchen haben weniger Zugang zu Weibchen, aber wenn, dann sind sie potenter. Es ist also nicht so schlecht, ein kleines Männchen zu sein, als man zunächst annehmen möchte."

  • Quellen
Nature Science update
Nature 409: 681–682 (2001)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.