Probiotik: Mit Gentechnik gegen den Kater
Das wohl erste genetisch veränderte Probiotikum ist in den USA auf den Markt gekommen – es soll den Morgen nach einer durchzechten Nacht etwas weniger schmerzhaft machen. Am 17. August stellte ein Unternehmen in San Francisco ein Getränk vor, das eine genmanipulierte Variante von Bacillus subtilis enthält, einem bereits in anderen Probiotika enthaltenen Bakterium. Der entscheidende Unterschied: Der Mikroorganismus enthält zusätzliches Erbgut, das ihn in die Lage versetzt, Acetaldehyd abzubauen. Diese Chemikalie wird vom Körper aus Ethanol hergestellt und trägt möglicherweise einen Teil zu den unangenehmen Symptomen des Katers bei. Unklar ist allerdings, ob die Präsenz der Mikrobe im Darm tatsächlich dessen Konzentration im Blut reduziert. Der Mikrobiologe Zack Abbott, einer der Erfinder der Kater-Kur, berichtet zwar von ausführlichen Selbsttests, in denen er den Effekt gespürt habe – aber es gibt keinerlei belastbare Daten, mit denen man eine Wirkung nachweisen könnte.
Die Unternehmensgründer nutzten ein als »homologe Rekombination« bezeichnetes Verfahren, um Bacillus subtilis mit der nötigen Acetaldehyd-Dehydrogenase auszustatten. Immerhin hat das Start-up-Unternehmen namens ZBiotics sein Produkt bereits auf seine Sicherheit getestet – die Versuche sind derzeit bei einer Fachzeitschrift unter Begutachtung, das Ergebnis wird angesichts des gutmütigen Bakteriums niemanden überraschen. Die eigentliche Frage nach der Wirkung wird vermutlich bis auf Weiteres unbeantwortet bleiben: ZBiotics hat nach eigenen Angaben sein Produkt mit einem sehr schmalen Budget entwickelt, eine echte klinische Studie kann das Unternehmen mutmaßlich derzeit nicht finanzieren. Dabei bestehen gerade an der Wirksamkeit erhebliche Zweifel. Erstens ist bis heute umstritten, welche Rolle Acetaldehyd beim Kater spielt, zweitens bauen die Bakterien den Stoff zwar im Reagenzglas ab; ob sie es in Mensch und Tier tun, ist aber unklar – und drittens ist die Geschichte der Gegenmittel gegen das postalkoholische Leid eine Geschichte des Scheiterns. Das Einzige, was nach bisheriger Kenntnis ein wenig hilft, ist viel Flüssigkeit. Oder einfach eine gesunde Zurückhaltung am Abend vorher.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.