Hominiden: Mit großem Riecher
Der Neandertaler hatte zwar das größere Hirn der beiden Menschenarten, doch dem modernen Homo sapiens war er vermutlich trotzdem an Intelligenz unterlegen. Mehr als die reine Größe zählt nämlich der innere Aufbau des Denkorgans. Dieser lässt sich tendenziell an Umfang und Ausprägung von Hirnregionen ablesen, die auch im Schädelknochen Spuren hinterlassen. Wissenschaftler um Markus Bastir vom Museo Nacional de Ciencias Naturales in Madrid haben diese Spuren nun ausgelesen.
Mit Hilfe von Computertomografen haben sie die Schädel von 30 Schimpansen, 75 lebenden Menschen und 14 pleistozänen Frühmenschen ausgewertet, darunter Neandertaler- und Homo-erectus-Fossilien. Dabei konzentrierten sie sich auf die Hirnbasis. Für den Menschen typische Ausprägungen zeigten sich in Regionen, die für Sprachfähigkeit, Gedächtnis und soziale Fähigkeiten wichtig sind, fassen die Autoren zusammen.
Außergewöhnlich ist darüber hinaus die Größe des Riechkolbens beim modernen Menschen. Die Zentrale der Riechsinnesverarbeitung ist bei Homo sapiens ungefähr zwölf Prozent größer als bei unseren engsten Verwandten. Das könne als Hinweis auf einen besseren Geruchssinn gedeutet werden, so die Forscher.
Aus vergleichenden Anatomiestudien weiß man jedoch auch, dass die Größe des Riechkolbens mit dem Volumen benachbarter Strukturen, insbesondere des limbischen Systems, zusammenhängt. Diese Hirnregionen spielen eine prominente Rolle bei der Steuerung des Sozialverhaltens. Der Größenzuwachs des Riechkolbens könnte also durch diese in der menschlichen Evolution immer wichtiger werdende Fähigkeit bedingt sein.
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