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News: Mit gutem Überblick

Der antike Tempelkomplex von Angkor in Kambodscha umfaßt noch mehr Bauwerke und Überreste einer prähistorischen Zivilisation als bisher angenommen wurde. Moderne Radartechnik erlaubt Einblicke in die Struktur der Anlage, die vom Boden aus nicht zu überblicken ist.
Nach Ansicht von Archäologen revolutionieren die Bilder des Airborne Synthetic Aperture Radar (AIRSAR), das von den Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA entwickelt wurde, unsere Vorstellung von der Entwicklung der antiken Stadt.

Im Norden von Kambodscha gelegen, weist Angkor auf einer Fläche von mehr als 160 Quadratkilometern einige Tausend Tempel auf. Die berühmteren unter ihnen wurden im Zeitraum zwischen 800 und 1300 errichtet. Eine gewaltige Anzahl von Wasserreservoiren und Kanälen begleitet die Gebäude. Nur wenig ist über die Besiedlung der fruchtbaren Überschwemmungsebene bekannt, doch zu ihrer Hochzeit umfaßte die antike Siedlung nach Schätzungen eine Million Menschen. Heutzutage liegt ein Großteil der Stadt unter einem dichten Blätterdach verborgen und ist wegen der schlechten Straßen, Landminen und der politischen Instabilität kaum auf dem Landwege zu erreichen.

"Die Radarbilder haben es uns ermöglicht, im Nordwesten von Angkor einige kreisförmige Steinhaufen und noch nicht beschriebene Tempel zu entdecken", sagt Elizabeth Moore von der University of London.

Im Dezember 1997 untersuchte sie einen kleinen Steinhaufen am Rande von Angkor Wat, einem berühmten Tempel aus dem zwölften Jahrhundert. "Frühere archäologische Erhebungen von 1904 und 1911 verzeichnen nur zwei Tempel und erwähnen nicht die abgesetzten kreisförmigen Steinhaufen. Wir haben vier bis sechs Tempelüberreste entdeckt, einschließlich Strukturen aus der Zeit vor Angkor", erzählt Moore. "Das läßt darauf schließen, daß diese Gegend nicht erst im zwölften Jahrhundert, sondern bereits 300 Jahre früher besiedelt wurde – eine radikale Änderung der bisher akzeptierten Chronologie von Angkor."

Die Schönheit von Angkor machen die Tempel aus, doch die eigentliche Größe der Khmer-Stadt beruht auf den vielen Konstruktionen zur Regulation des Wasserhaushaltes. Die Könige weihten die Tempel offiziell den Gottheiten der Hindus und Buddhisten, aber die eigentliche Absicht lag darin, die alten Geister zu verehren und so die Fruchtbarkeit des Bodens zu gewährleisten. Von entscheidender Bedeutung dafür war der Wasserhaushalt. Zur Regenzeit mußten die Wassermassen des Monsuns kontrolliert und zum Teil für die Trockenperiode gespeichert werden. Das System umfaßt Gräben, Dämme, Kanäle, Tanks und Reservoire, deren größtes Exemplar aus dem zwölften Jahrhundert stammt und acht Kilometer lang ist.

"Diese neuen, detailreichen topographischen Karten haben uns noch weit mehr hydrologische Merkmale gezeigt und deren Funktion bei Riten und im täglichen Leben herausgestrichen", erläutert Moore. Mit Hilfe der Radar-Interferometrie wurden sogar dreidimensionale Karten erstellt, die genauer sind als so manche Karte der USA. An ihnen können die Wissenschaftler erkennen, welche Regulationsmechanismen des Wasserhaushalts natürlich und welche menschlichen Ursprungs sind. Dadurch erhalten sie Einblick in die Eingriffe des Menschen in das Ökosystem – von der Zeit der alten Khmer bis zur Gegenwart.

Artikel zur Radar-Interferometrie finden Sie in: Spektrum der Wissenschaft 9/1997, Seite 56 und 65

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