Neurodegenerative Krankheiten: Mit Kälte gegen Alzheimer?
Wenn das Gehirn stark abgekühlt wird, lassen sich neurologische Schäden – etwa durch Sauerstoffmangel – zumeist verhindern. Und diesen Effekt könnte man vielleicht bald auch nutzen, um ein Fortschreiten der Alzheimerkrankheit zu verlangsamen oder gar zu unterbinden. Das jedenfalls hoffen Hirnforscher um Giovanna Mallucci von der MRC Toxicology Unit in Leicester, die bestimmte Kälteschockproteine im Hirn isoliert haben, welche den Synapsenverlust aufhalten. Sie hatten bemerkt, dass während des Winterschlafs bis zu ein Drittel der Nervenverbindungen im Hirn der ruhenden Tiere quasi abgeschaltet und im nächsten Frühling wieder regeneriert werden – ohne nachweisbare Schäden für die Gedächtnisleistung. Das gleiche Phänomen beobachteten sie bei Alzheimer-Mäusen, deren Körpertemperatur die Forscher von normalen 37 Grad Celsius auf 16 bis 18 Grad Celsius reduzierten: Auch sie erlitten keine messbaren Schäden, während dies bei älteren Artgenossen nicht mehr der Fall war.
Als Schlüssel für die Ausbildung neuer Synapsen erwies sich offensichtlich das Protein RBM3, dessen Konzentration in unterkühlten Nagetieren rasch anstieg, während dies bei den älteren Exemplaren ausblieb. In folgenden Tierversuchen gelang es Mallucci und ihren Kollegen zu verhindern, dass Nervenzellen durch Prionen oder Alzheimerplaques abstarben, indem sie die Konzentration an RBM3 künstlich erhöhten. "Wir haben nun womöglich einen neuen Ansatzpunkt, um ein geeignetes Medikament gegen Alzheimer zu entwickeln", so Mallucci. Die Hirnleistung bei Winterschlaf haltenden Tieren erholt sich wieder, weil sich nur der empfangende Synapsenteil zurückbildet. Wenn der Anschluss im Frühling neu hergestellt wird, regeneriert sich auch das Gedächtnis in diesem Segment. Ähnliches wollen die Hirnforscher in der Zukunft beim Menschen ebenfalls ermöglichen.
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