Künstliche Intelligenz: Mit KI zum perfekten Bier
Die Anwendungen von künstlicher Intelligenz sind vielfältig: Die Programme können neue Wirkstoffe und viel versprechende Batterien entwickeln, Verbrechen aufdecken und sogar Mathematiker bei ihrer Arbeit unterstützen. Und nun haben die Algorithmen noch einen weiteren Einsatzbereich gefunden: das Bierbrauen. In einer bei »Nature Communications« erschienenen Arbeit hat ein Forschungsteam der KU Leuven gezeigt, dass maschinelles Lernen dabei helfen kann, den Geschmack bestehender Biersorten zu verbessern.
Ein schmackhaftes Bier zu entwickeln, ist deutlich komplexer, als man es sich vorstellt. Etliche Aromastoffe wechselwirken auf komplizierte Weise miteinander, weshalb es so gut wie unmöglich ist, den genauen Geschmack vorherzusagen. Aus dem Grund ist man auf menschliche Testpersonen angewiesen, die das Ergebnis beurteilen und beschreiben: von blumig über fruchtig bis herb oder rauchig. Da solche Tests aber kostspielig sind, findet man für viele Biere bloß Bewertungen, die von einer einzelnen Person stammen. »Ich wollte eine neutralere und wissenschaftlichere Beschreibung für die verschiedenen Biere der Welt«, sagt der Mikrobiologe Kevin Verstrepen von der KU Leuven in Belgien.
Deshalb starteten er und sein Forschungsteam ein Projekt, das sie über fünf Jahre lang beschäftigen sollte. Sie untersuchten die chemische Zusammensetzung von verschiedenen Bieren, indem sie die Konzentration von mehr als 200 Aromastoffen identifizierten. Zudem ließen sie die isotonischen Getränke von 16 geschulten Personen verkosten, die diese anhand von 50 Kriterien beurteilten, etwa: Wie malzig oder hopfig schmeckt es? Ist es herb?
»Wir begannen das Projekt mit weniger als 100 Bieren und merkten schnell, dass das nicht ausreichen würde, um die unglaubliche Biervielfalt Belgiens zu erfassen, so dass wir schließlich 250 Biere untersuchten«, sagt der Biologe Miguel Roncoroni, der die Untersuchung geleitet hat. Die Getränke deckten 22 Biersorten ab wie Pils, Lager oder Weizenbier. Da diese Daten aber nicht ausreichen, um einen KI-Algorithmus zu trainieren, haben die Fachleute außerdem auf 180 000 Beurteilungen von Bierbewertungsportalen wie »RateBeer« oder »BeerAdvocate« zurückgegriffen. Damit sollte das Programm lernen, wie sich die chemische Zusammensetzung auf den tatsächlichen Geschmack des Bieres auswirkt.
Ein schmackhaftes Bier aus dem Labor
Die Forschenden haben zehn verschiedene KI-Modelle genutzt, die auf unterschiedlichen Ansätzen des maschinellen Lernens basieren: Einige fußten auf der simpelsten Form der linearen Regression, andere gehörten zur Kategorie der Entscheidungsbäume, und das Team trainierte auch ein neuronales Netzwerk. Am besten schnitt die KI-Methode des »Gradient boosting« ab, ein Ansatz, der mehrere KI-Methoden miteinander verschmilzt.
Wie die Forschenden herausfanden, scheint die Konzentration von Essigsäureethylester am deutlichsten ausschlaggebend für den Geschmack eines Bieres zu sein. Essigsäureethylester sei zwar der am häufigsten vorkommende Ester mit einem charakteristischen fruchtigen, alkoholischen Geschmack, werde aber oft als weniger wichtig angesehen als andere Ester wie Essigsäureisopentylester, schreiben die Forschenden in ihrer Veröffentlichung.
Um ihre Ergebnisse zu testen, haben die Fachleute ein bereits existierendes Bier nach den neuen Kriterien verfeinert. Sie haben das KI-Modell berechnen lassen, wie man die chemische Zusammensetzung des Getränks ergänzen könnte, damit es leckerer wird. In einer Blindverkostung schnitt das modifizierte Bier dann auch tatsächlich besser ab als das Original. Das Ziel sei es nun, ein schmackhaftes alkoholfreies Bier zu entwickeln, sagen die Forschenden. »Die Veröffentlichung haben wir aber mit der alkoholhaltigen Variante gefeiert«, sagt Michiel Schreurs, Hauptautor der Studie.
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