News: Mit Unkrautmitteln gegen Malaria?
Auch wenn es seltsam klingen mag, ist die neue Waffe gegen die Apicomplexa ein gewöhnliches Herbizid. Rima McLeod vom Michael Reese Hospital and Medical Center und der University of Chicago hat mit ihren Kollegen herausgefunden, daß die Parasiten über einen biochemischen Stoffwechselweg verfügen, der bei Mikroorganismen und Pflanzen weit verbreitet ist, bei Säugetieren – und vor allem Menschen – aber nicht vorkommt. Der sogenannte Shikimatweg liefert nach Meinung der Wissenschaftler gut geeignete Ziele für therapeutische Stoffe.
Die Forscher vermuteten zum ersten Mal, daß der Shikimatweg in den Parasiten vorkommt, als sie erkannten, daß diese in bestimmten Phasen ihres Lebenszyklus Strukturen besaßen, die den Plastiden von Pflanzen sehr ähneln. In diesen laufen viele biochemische Vorgänge ab, bei denen zum Beispiel Stärke, Lipide, Folsäure und Aminosäuren synthetisiert werden. Beim Shikimatweg werden Vorstufen für Folsäure und einige wichtige Aminosäuren hergestellt, und er sollte daher in den Plastiden-artigen Strukturen der Apicomplexa lokalisiert sein.
Menschen nehmen die essentiellen Substanzen mit der Nahrung auf, doch Pflanzen und Mikroorganismen müssen sie selbst produzieren. Sie könnten daher sterben, wenn eines der Enzyme blockiert wird, welche die Reaktionen des Shikimatweges blockieren. Das verbreitete Pflanzenschutzmittel Glyphosat hemmt eines der Enzyme. In Versuchen mit Laborkulturen konnten McLeod und ihre Kollegen zeigen, daß Glyphosat so das Wachstum des Malariaerregers Plasmodium falciparum, von Toxoplasma gondii (dem Verursacher der Toxoplasmose) und von Cryptosporidium parvum, der die Durchfallerkrankung Cryptosporidiose hervorruft, verlangsamte. Unglücklicherweise wirkte Glyphosat nicht direkt tödlich auf die Parasiten, so daß eine zusätzliche Behandlung notwendig ist.
Um herauszufinden, welches der Produkte des Shikimatweges am wichtigsten für die Krankheitserreger ist, haben die Wissenschaftler die Kulturen mit Glyphosat behandelt und ihnen jeweils eine Aminosäure oder Folsäure zugesetzt. Auf diese Weise stellte sich heraus, daß die Mikroorganismen sehr empfindlich auf einen Mangel an Folsäure reagieren. Daher kombinierten die Forscher im nächsten Experiment das Herbizid mit einem konventionellen Mittel gegen Folsäure. Wie erwartet, wirkte diese Kombination in Versuchen an Toxoplasma gondii besser als ein einzelnes Präparat.
Ergebnisse an Laborkulturen liefern wichtige Hinweise, doch echte Infektionen lassen sich nur am ganzen Organismus verfolgen. Die Wissenschaftler infizierten darum Mäuse mit dem Toxoplasmose-Parasiten. Ohne Behandlung verläuft die Krankheit tödlich, und Anti-Folsäure-Medikamente alleine sind wirkungslos. Die Kombination mit Glyphosat rettete aber mehr als der Hälfte der infizierten Mäuse das Leben. Zudem deuten die Resultate an, daß die notwendige Menge Glyphosat noch keine nachteiligen Effekte auf das Mausgewebe hervorruft.
Auch für die anderen Enzyme des Shikimatweges in Toxoplasma gondii und Plasmodium falciparum haben McLeod und ihre Mitarbeiter wirksame Hemmstoffe gefunden, und sie suchen noch nach weiteren Behandlungs-Kombinationen. Außerdem haben sie die genetische Sequenz eines der Enzyme entschlüsselt und so die Grundlage für speziell angepaßte Wirkstoffe geschaffen.
Besonders AIDS-Patienten werden vermutlich von den neuen Erkenntnissen profitieren. Da ihr Immunsystem häufig unterdrückt wird, leiden sie an vielen opportunistischen Infektionen wie Lungenentzündung und Tuberkulose sowie an Infektionen mit Apicomplexae. Da alle Erreger dieser Krankheiten den Shikimatweg benutzen, besteht nun Hoffnung auf eine breit wirkende Behandlung vieler Sekundärinfektionen.
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