Fachtagung: Jahrestagung 2015 der Astronomischen Gesellschaft in Kiel
Die Jahresversammlung 2015 der Astronomischen Gesellschaft (AG) findet an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt, die dieses Jahr ihren 350. Geburtstag feiert. Schon das Motto im Original "From the first Quasars to Life-Bearing Planets – From Accretion Physics to Astrobiology", deutsch: "Von den ersten Quasaren bis zu Leben tragenden Planeten – Von der Akkretionsphysik zur Astrobiologie", verdeutlicht die enorme Spannbreite der diskutierten Themen und ist ein besonderes Merkmal von AG-Tagungen. Sie richtet sich vor allem an professionelle Fachastronomen, aber Studenten, Amateurastronomen und Medien sind ebenfalls herzlich willkommen.
Wo immer sich im Kosmos größere Strukturen bilden, spielt die Schwerkraft eine zentrale Rolle. Wenn sich aus ursprünglich kleinen Dichteschwankungen nach und nach immer mehr Materie in einem Raumgebiet konzentriert, entstehen sehr oft rotierende, scheibenartige Gebilde. In ihren Zentren bilden sich neue Sterne, und in den Außenbereichen dieser Scheiben können Planeten wachsen. Solche Strukturen, die auf das Aufsammeln von Materie, die Akkretion, zurückgehen, finden sich aber auch auf sehr viel größeren räumlichen Skalen und Energiebereichen. Beispielsweise in der Umgebung von extrem massereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von aktiven Galaxien, deren leuchtkräftigste Vertreter die Quasare sind.
Im detaillierten Programm finden sich viele Dutzende von Vorträgen, zudem gibt es längere Präsentationen von geladenen Sprechern. Eric Becklin, der Chefwissenschaftler des Stratosphären-Observatoriums für Infrarot-Astronomie (SOFIA) und Pionier der Infrarot-Astronomie aus dem kalifornischen Palmdale, berichtet über den Stand des Projekts. Die Flugzeugsternwarte SOFIA nutzt ein 2,5-Meter-Teleskop, das in eine Boeing 747SP eingebaut ist, um in großer Höhe weit gehend ungestört durch den Wasserdampf in der Erdatmosphäre in das infrarote Weltall zu blicken. Die Forscher hoffen, SOFIA für mindestens 20 Jahre betreiben zu können. Becklin wird über die jüngsten Forschungsergebnisse mit SOFIA und künftige neue Instrumente und Beobachtungsprogramme referieren.
Philip Diamond vom im Aufbau befindlichen Square Kilometre Array (SKA), einem gigantischen Verbund von Radioteleskopen, der im Endausbau eine Antennenfläche von einem Quadratkilometer erreichen soll, berichtet über den Aufbau der Antennenanlagen und die Projektplanung. Die Radioteleskope sollen auf zwei Kontinenten, in Afrika und in Australien, errichtet werden. Das SKA deckt einen Frequenzbereich von 70 Megahertz bis 24 Gigahertz ab und verwendet Supercomputer zur Sammlung und Analyse der Daten. Der Betrieb soll ab 2018 beginnen. Die Bundesrepublik Deutschland ist nun seit dem 30. Juni 2015 nicht mehr am SKA beteiligt – siehe SuW 8/2014, S. 20.
Der den Lesern von "Sterne und Weltraum" wohlbekannte Kometenforscher Harald Krüger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen gibt einen detaillierten Überblick über den Stand der europäischen Kometenmission Rosetta. Insbesondere beschreibt er die Resultate der Tochtersonde Philae, die am 12. November 2014 auf dem Kern des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko aufsetzte und von dort für rund zweieinhalb Tage Bilder und Messdaten übermittelte.
Traditionell werden auf der Jahresversammlung der AG Preise an verdiente Wissenschaftler, Doktoranden, Studierende und Schüler vergeben. Die Karl-Schwarzschild-Medaille verleiht die AG in diesem Jahr an den Astrophysiker Immo Appenzeller aus Heidelberg, den langjährigen Leiter der Landessternwarte auf dem Königstuhl und Direktor am Max-Planck-Institut für Astronomie. Die Karl-Schwarzschild-Medaille ist die höchste deutsche Auszeichnung im Bereich Astronomie und Astrophysik. Immo Appenzeller wird unter anderem für seine Beiträge im Bereich der Sternphysik und zu aktiven Galaxien, Quasaren oder sehr jungen Galaxien mit höchster Rotverschiebung geehrt. Er hält zudem auch die Schwarzschild-Vorlesung. Die feierliche Preisverleihung findet um 9 Uhr am 15. September 2015 im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung der Tagung statt.
Der Ludwig-Biermann-Preis geht dieses Jahr an den Nachwuchswissenschaftler Ivan Minchev vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, den Doktorandenpreis erhält Cornelia Müller von der Universität Würzburg. Der "Sonderpreis Jugend forscht" zeichnet in diesem Jahr die beiden 16-jährigen Schüler Robin Heinemann und Patricia Asemann aus Kassel aus. Sie errangen mit ihrer Arbeit "Bahndaten extrasolarer Systeme" bereits den Bundespreis im Bereich Geo- und Raumwissenschaften von "Jugend forscht". Auf der Tagung verleiht zudem das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg den Roelin-Preis für Wissenschaftspublizistik an Karl-Heinz Lotze von der Universität Jena. Er leitet dort die Arbeitsgruppe Fachdidaktik der Physik und Astronomie.
Die Jahresversammlung wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet, unter anderem von der Mitgliederversammlung der AG und des Treffens des Rats Deutscher Sternwarten. Zum Themenbereich Public Outreach laden unser AstroViews-Moderator Klaus Jäger, der Pressesprecher der AG, und Markus Pössel, wissenschaftlicher Leiter des Hauses der Astronomie (Heidelberg), am Mittwoch, dem 16. September 2015 um 14 Uhr ein. Hier geht es vor allem darum, mit Wissenschaftskommunikatoren zu diskutieren, wie neue astronomische Erkenntnisse und astronomisches Grundlagenwissen möglichst weit gestreut werden können. Am Donnerstag, dem 17. September 2015, lädt die AG um 19:30 Uhr zum öffentlichen Abendvortrag in den Fredrik-Paulsen-Hörsaal im Audimax ein. Dort spricht Robert Wimmer-Schweingruber, Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, zum Thema "Von der Kieler Förde zum Mars".
Organisiert wird die Jahresversammlung im Auftrag der Astronomischen Gesellschaft von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, dem dortigen Fachbereich Astrophysik und der Schleswig-Holsteinischen Universitäts-Gesellschaft (SHUG). Der Veranstaltungsort ist das Audimax auf dem Hauptcampus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Fragen zur Tagung richten Sie bitte an Wolfgang Duschl, ag15@astrophysik.uni-kiel.de. Medienanfragen beantwortet der Pressesprecher der AG, Klaus Jäger, jaeger@mpia.de.
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