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Unwetter: Das Mittelmeer flutet die Alpen

Das Ende der mediterranen Hitzewelle bringt dem Alpenraum Unwetter und viel Regen. Ursache ist ein Tief in Norditalien. Der extrem warme Ozean verstärkt die Niederschläge noch.
Blick auf eine Brücke über einen Fluss bei Hochwasser.
Heftige Regenfälle sorgen für Hochwasser in vielen Alpenflüssen - hier am Inn in Schwaz in Tirol.

Die Hitzewelle im Mittelmeerraum endet energiereich – und die Folgen reichen bis nach Deutschland. Nahezu durchgehend regnet es derzeit in den Alpen, an Iller, Lech, Isar, Inn steigen die Pegelstände. An vielen Flüssen der Region kann es zu Hochwasser und Überschwemmungen kommen. Hinter den heftigen Niederschlägen steckt der Jetstream, der derzeit wieder einmal besonders ausladende Wellen schlägt.

Eine davon reicht über Norditalien bis weit übers Mittelmeer; beinahe im Zentrum der Schleife sitzt ein Tiefdruckgebiet über Norditalien, das derzeit die Luftströmungen im Mittelmeerraum bestimmt. Von Nordwesten lässt das Tief vergleichsweise kühle Luft von Nordwesten ins westliche Mittelmeer strömen. Noch vor einer Woche vermeldete zum Beispiel Spanien die vierte offizielle Hitzewelle dieses Sommers mit Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius, inzwischen bleibt es fast überall unter 30 Grad Celsius.

Das ist einerseits eine Erleichterung für viele hitzegeplagte Menschen, andererseits jedoch steigt durch das Zusammentreffen der unterschiedlichen Luftmassen die Gefahr von Gewittern enorm. Einen Vorgeschmack lieferten gestern heftige Unwetter auf der Baleareninsel Mallorca mit starken Regenfällen und Windböen mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde. Die Gewitter entstehen, weil die heranströmende kühlere Luft die warme, feuchte Luft zum Aufsteigen zwingt. Dadurch kondensiert der enthaltene Wasserdampf, die freigesetzte Energie lässt die Luft noch schneller aufsteigen und erzeugt heftige Gewitter.

Am deutlichsten zeigt sich der Effekt dort, wo die nordwestliche Luftströmung erstmals auf die feuchte Mittelmeerluft trifft – eben im westlichen und nordwestlichen Mittelmeer. Zusätzlich sind Teile des westlichen Mittelmeers und des Golfs von Lyon bis zu fünf Grad Celsius wärmer, als es zu dieser Jahreszeit normal wäre, so dass die entstehenden Unwetter besonders heftig ausfallen. Das warme Mittelmeer liefert dem Tief noch mehr Energie.

Mehr Mittelmeer dank Klimawandel

Die außergewöhnlich hohen Meerestemperaturen spielen auch eine wichtige Rolle bei den heftigen Regenfällen im Alpenraum. Je wärmer das Meer, desto wärmer die Luft darüber: Dadurch verdunstet nicht nur mehr Wasser, sondern die Luft kann auch mehr Wasserdampf aufnehmen. An der Süd- und Ostflanke des Tiefs über Norditalien strömt die warme, feuchte Mittelmeerluft nach Norden und regnet sich über den Hängen der Alpen ab.

Solche so genannten Vb-Tiefdruckgebiete, die über das Mittelmeer nach Nordosten ziehen und an ihrer Vorderseite sehr feuchte Luft nach Norden schaufeln, haben in der Vergangenheit auch in Deutschland katastrophale Überschwemmungen verursacht. So zum Beispiel die schweren Elbhochwasser 2002 und 2013. Klimamodelle zeigten schon vor Jahren, dass das immer wärmere Mittelmeer Starkregenfälle in Deutschland verstärkt.

Allerdings bleibt dieses Jahr ein erheblicher Teil der Niederschläge an den Alpen hängen. Die heftigsten Unwetter und Starkregen treffen die Schweiz, Österreich und Norditalien. An der Nordseite der Alpen liefert das Tief neben vereinzelten Unwettern nur noch Dauerregen. Trotzdem können bis Dienstag in Deutschland teilweise noch bis zu 160 Liter pro Quadratmeter fallen. Die feuchte Luft breitet sich außerdem weiter nach Norden und bringt selbst der Mitte Deutschlands ein bisschen Mittelmeer. Allerdings nicht bei Mittelmeertemperaturen.

Das Tiefdruckgebiet über Norditalien zieht derweil weiter über die Adria Richtung Osten und schwächt sich ab, während weitere kühlere, aber trockenere Luft von Westen herankommt. Dem Regen im Alpenraum und in Deutschland fehlt dann der Nachschub, und das Wetter beruhigt sich am Mittwoch wieder. Allerdings warten schon zwei weitere Tiefdruckgebiete darauf, das Wetter in Deutschland zu bestimmen: eines über Skandinavien und ein weiteres über dem Atlantik. Sie sorgen wohl in der nächsten Woche für unbeständiges Wetter.

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