Modellierung: Komplexe Schäume im Computer
Für Kinder ist es ein großer Spaß: tief Luft holen, kräftig durch den Ring pusten und anschließend den Seifenblasen beim Flug zuschauen. Für Physiker ist das Ganze weniger erfreulich, denn sie können die Dynamik von "schaumartigen Materialien" nicht genau berechnen. Robert I. Saye und James A. Sethian von der University of California in Berkeley haben nun eine Methode entwickelt, mit der sie die Entwicklung von Seifenblasen unter bestimmten Bedingungen im Computer simulieren können [1].
Wenn sich eine Seifenblase verändert, greifen verschiedene Prozesse ineinander: die Bewegung der Luft in der Blase und der Fluss der Seife in der Blasenwand. Diese Prozesse laufen auf sehr unterschiedlichen Größen- und Zeitskalen ab – und sind doch eng miteinander verknüpft. Wenn beispielsweise die Seife in einer Blasenwand binnen Sekundenbruchteilen minimal verläuft, kann die Wand kollabieren, und aus einem Blasenkomplex mit vielen Kammern wird plötzlich ein Klumpen aus wenigen großen Blasen. Dabei zerreißt eine Seifenwand in deutlich kürzerer Zeit, als das Gas braucht, bis es eine neu geschaffene Kammer gleichmäßig ausgefüllt hat.
Simulationen solcher Multi-Skalen-Systeme scheiterten oft daran, dass sie in der Längen- und Zeitskala des kleinsten relevanten Prozesses durchgeführt werden. Die anfallenden Datenmengen seien daher so gewaltig, dass sie selbst fortschrittliche Hardware überforderten, schreiben Saye und Sethian. Die Mathematiker führten daher Simulationen auf drei unterschiedlichen Skalen durch, die sie anschließend miteinander verknüpften.
Zunächst berechneten sie auf einer makroskopischen Skala, wie sich die Blasenwände durch Oberflächenspannung und die Bewegung des eingefangenen Gases verformen. Auf einer kleineren Skala simulierten sie, wie Seife in den Wänden immer mehr zerfließt und die Wand schließlich kollabieren lässt. Schließlich spielten sie durch, was passiert, wenn eine der Blasen in der Schaumseife platzt und sich blitzartig neue Wände ausbilden.
Mit Hilfe der verknüpften Simulationen konnten die Forscher schließlich ein Video produzieren, welches das sukzessive Zerplatzen einer Seifenblase vor einem Strandpanorama zeigt. Ihr Modell lasse allerdings noch einige Prozesse in Seifenblasen außer Acht, schreiben die Autoren. So könnten einzelne Blasenkammern jederzeit Gas austauschen. Solche Effekte könnten später in die Simulation eingebaut werden.
Auch gilt das Modell nur für Schäume, die zu weniger als zehn Prozent aus Flüssigkeit bestehen. Die Schaumbläschen in einer Waschmaschine ließen sich damit beispielsweise nicht simulieren, schreibt der Blasenexperte Denis Weaire vom Trinity College in Dublin in einem Begleitkommentar [2]. Bisher sei es vor allem nicht gelungen, die Effekte auf der Oberfläche von Blasen richtig zu verstehen. Hierbei könnte die neue Methode helfen – zusammen mit Röntgenaufnahmen, die in naher Zukunft die Evolution echter Blasen minutiös aufnehmen sollen.
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