Domestizierung: Moderne Bierhefe hat südamerikanische Wurzeln
Der sesshaft werdende Mensch verdankt seinen Erfolg nicht zuletzt den Arten, die er zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit verpflichten konnte: Indem er die Natur von Hund und Schaf oder Hirse und Reis nach und nach durch Zuchtwahl veränderte, schuf er ein dem Überleben dienendes Hilfskorps domestizierter Spezies. Leicht übersehen neben Tieren und Pflanzen wird dabei aber oft das Reich der Mikroben, finden Jose Paulo Sampaio von der Universidade de Nova de Lisboa und seine Kollegen. Zum Ausgleich zeigen sie jetzt, wie es den bayerischen Bierbrauern in der frühen Neuzeit gelingen konnte, das länger haltbare und damals auch hygienisch weniger zweifelhafte untergärige Bier auf den Speisezettel setzen zu können.
Notwendig war dazu eine genetische Auffrischung der seit althergebrachter Zeit im Gärbetrieb tätigen Bierhefe, Saccharomyces cerevisiae. Mit diesem Pilz waren seit den Zeiten der Sumerer verschiedene Getreidemaischen "obergärig" zu Bier vergoren worden – recht rasch bei relativ hoher Temperatur, die im Sudtrog allerdings auch unerwünschte Pilze und Bakterien gut gedeihen ließen.
Gegen Ende des Mittelalters hatten dann aber überraschend plötzlich einige Brauer "untergärige" Hefen entdeckt, die bei niedrigeren Temperaturen funktionieren – das bei kühlen Raumtemperaturen langsam vergorene "Lager" war länger haltbar und wurde später zum Exportschlager. Bis vor Kurzem blieb ungeklärt, woher die zum untergärigen Brauen notwendigen kältetoleranten Hefezellen eigentlich gekommen waren. Dies meinen Sampaio und Kollegen nun geklärt zu haben.
Genanalysen der untergärige Hefe (Saccharomyces pastorianus) hatten schon früher gezeigt, dass es sich bei der Art um eine Hybride aus der alten Form S. cerevisiae und einer weiteren Hefespezies handelt – die Zellen verschmolzen dabei und kreuzten sich zu Nachkommen mit allopolyploidem Chromosomensatz, in den Zellen ist also die vierfache Anzahl von Chromosomen vorhanden. Über den Kreuzungspartner herrschte Unklarheit: Ganz offenbar hatten seine Gene der Hybride Kältetoleranz beigebracht.
Das Pilzforscherteam machte sich nun weltweit auf die Suche nach Hefespezies, die in ihrer Gensequenz denen des mysteriösen Kreuzungspartners gleichen. Dabei wurden sie schließlich ausgerechnet in Patagonien fündig. Dort, in Pflanzengallen der bei Jahresdurchschnittstemperaturen von etwa acht Grad Celsius heimischen Scheinbuchen, leben Hefen, die der gesuchten zweiten Stammart von (Saccharomyces pastorianus) zu 99,5 Prozent gleichen. In ihrer natürlichen Umwelt vergären die Hefen trotz niedriger Temperatur den reichlich vorhandenen Zucker in den Gallen effektiv zu Ethanol.
Notwendig war dazu eine genetische Auffrischung der seit althergebrachter Zeit im Gärbetrieb tätigen Bierhefe, Saccharomyces cerevisiae. Mit diesem Pilz waren seit den Zeiten der Sumerer verschiedene Getreidemaischen "obergärig" zu Bier vergoren worden – recht rasch bei relativ hoher Temperatur, die im Sudtrog allerdings auch unerwünschte Pilze und Bakterien gut gedeihen ließen.
Gegen Ende des Mittelalters hatten dann aber überraschend plötzlich einige Brauer "untergärige" Hefen entdeckt, die bei niedrigeren Temperaturen funktionieren – das bei kühlen Raumtemperaturen langsam vergorene "Lager" war länger haltbar und wurde später zum Exportschlager. Bis vor Kurzem blieb ungeklärt, woher die zum untergärigen Brauen notwendigen kältetoleranten Hefezellen eigentlich gekommen waren. Dies meinen Sampaio und Kollegen nun geklärt zu haben.
Genanalysen der untergärige Hefe (Saccharomyces pastorianus) hatten schon früher gezeigt, dass es sich bei der Art um eine Hybride aus der alten Form S. cerevisiae und einer weiteren Hefespezies handelt – die Zellen verschmolzen dabei und kreuzten sich zu Nachkommen mit allopolyploidem Chromosomensatz, in den Zellen ist also die vierfache Anzahl von Chromosomen vorhanden. Über den Kreuzungspartner herrschte Unklarheit: Ganz offenbar hatten seine Gene der Hybride Kältetoleranz beigebracht.
Das Pilzforscherteam machte sich nun weltweit auf die Suche nach Hefespezies, die in ihrer Gensequenz denen des mysteriösen Kreuzungspartners gleichen. Dabei wurden sie schließlich ausgerechnet in Patagonien fündig. Dort, in Pflanzengallen der bei Jahresdurchschnittstemperaturen von etwa acht Grad Celsius heimischen Scheinbuchen, leben Hefen, die der gesuchten zweiten Stammart von (Saccharomyces pastorianus) zu 99,5 Prozent gleichen. In ihrer natürlichen Umwelt vergären die Hefen trotz niedriger Temperatur den reichlich vorhandenen Zucker in den Gallen effektiv zu Ethanol.
Noch ist nicht geklärt, wie diese südamerikanische Hefespezies in die Sudtröge der europäischen Brauer gelangen konnte. Die Forscher vermuten, dass einzelne Hefen etwa auf geschlagenem Holz der Scheinbuchen über den Atlantik kamen – vielleicht aber auch im Magen von Fruchtfliegen, die die Seefahrer begleiteten. Irgendwann einmal waren sie jedenfalls per Zufall in den Haushalt eines Brauers gelangt – wahrscheinlich in Bayern – und hatten sich mit den älteren Brauhefen gekreuzt. Die heutigen Formen entstanden dann nach und nach durch Zuchtauslese, wobei bestimmte beim untergärigen Brauen vorteilhafte Genkombinationen selektioniert wurden. (jo)
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