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News: Molekulare Grundlage der Hodgkin-Krankheit entdeckt

Einen molekularen Schalter, der das bösartige Zellwachstum bei der Hodgkin'schen Krankheit auslöst, haben Forscher des Max-Delbrück- Centrums für Molekulare Medizin (MDC) und der Robert-Rössle-Klinik des Virchow-Klinikums der Humboldt-Universität zu Berlin entdeckt. Die Erkenntnis der Grundlagenwissenschaftler und Kliniker ist für die Verbesserung der Diagnose dieser häufigen Erkrankung des lymphatischen Systems sowie für die Entwicklung einer gezielten Therapie von Bedeutung. Zugleich sind die Forscher damit möglicherweise dem Entstehungsmechanismus dieser bis heute rätselhaften Krankheit auf der Spur.
Die Hodgkin-Krankheit ist eine bösartige Erkrankung, von der weder Ursache noch Entstehung bekannt sind. Sie zählt zu den Lymphomen, da sie mit einer Schwellung der Lymphknoten einhergeht. Weitere Symptome sind Fieber, Müdigkeit sowie Juckreiz. Charakteristisch für den „Morbus Hodgkin“ sind einkernige Hodgkin-Zellen und riesige, mit mehreren Kernen auftretende Sternberg-Reed-Zellen in den Lymphknoten. Behandelt wird die Erkrankung mit Strahlen- und Chemotherapie.

Die Forschungsgruppen von Prof. Dr. Bernd Dörken (MDC und Rössle-Klinik) und Dr. Claus Scheidereit (MDC) haben jetzt in den Kernen der Sternberg-Reed-Zellen von Hodgkin-Patienten einen Faktor entdeckt, der offenbar das ungehemmte Wachstum dieser Zellen auslöst (Journal of Clinical Investigation, Ausgabe vom 12. Dezember 1997). Sie sind damit möglicherweise auch dem bisher nicht entschlüsselten Entstehungsmechanismus dieses Lymphoms auf der Spur. Der Faktor gehört zu einer Gruppe von Genregulatoren, die bei den verschiedenen Abwehrfunktionen des Immunsystems, etwa bei Virusinfektionen sowie bei Entzündungsprozessen, Signale übermitteln. Diese speziellen Signal-Transkriptionsfaktoren werden als NF-kappaB-Faktoren bezeichnet. Sie liegen normalerweise im Zellinnern (Cytoplasma) in Wartestellung, festgehalten von sogenannten Inhibitor-Proteinen (IkappaB).

Botenstoffe das Immunsystems, sogenannte Cytokine, können NF-kappaB-Faktoren aktivieren und sie für kurze Zeit in die Schaltzentrale der Zelle, den Zellkern, abkommandieren. Dort aktivieren NF-kappaB-Faktoren bestimmte Gene, deren Produkte wiederum Immunzellen in Abwehrstellung bringen. Nach getaner Arbeit verlassen die NF-kappaB-Moleküle den Zellkern und wandern zurück in das Cytoplasma.

In den bösartig veränderten Zellen Hodgkin-Lymphom-Erkrankter jedoch befindet sich ein bestimmter NF-kappaB-Faktor ständig im Zellkern. Völlig unklar ist, welche zellulären Signale den Faktor in den Zellkern gelockt haben und weshalb er sich dort auf Dauer einrichtet. Es zeigte sich sowohl im Reagenzglas als auch im Tierversuch, daß alle untersuchten Zellen, bei denen NF-kappaB in hohen Konzentrationen im Zellkern nachgewiesen werden konnte, ungehemmt wachsen. Diese Zellen waren nicht mehr in der Lage den zellulären Schutzmechanismus (Apoptose) auszulösen und Selbstmord zu begehen. Die Berliner Forscher konnten das bösartige Wachstum der Sternberg-Reed-Zellen stoppen, indem sie den aus der Reihe getanzten NF-kappaB-Faktor an eine Variante des Inhibitorproteins IkappaB koppelten, die für zelluläre Signale nicht empfänglich war.

Das gleiche Phänomen – dauerhaftes Vorhandensein von NF-kappaB im Zellkern – beobachtete die Forschungsgruppe von Dr. Gail E. Sonensheim von der Boston University auch in Brustkrebszellen. Möglicherweise haben die deutschen und amerikanischen Wissenschaftler damit einen grundlegenden Mechanismus des ungebremsten Zellwachstums entdeckt. Als nächsten Schritt wollen die Berliner Wissenschaftler deshalb verschiedene Tumorarten auf dereguliertes NF-KappaB untersuchen. Weiter wollen sie erforschen, durch welche Signale NF-KappaB in den Kern der Lymphom- und Brustkrebszellen gelockt wird. Sie hoffen, in Zukunft mit Medikamenten gezielt die Signalgebung unterbrechen und auf diese Weise das bösartige Wachstum direkt stoppen zu können.

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