Evolution: Molekulare Knüpfmaschine
Einst, vor langer, langer Zeit, erfüllte die Ribonukleinsäure wohl weit mehr Aufgaben als heute: Zu Anbeginn des Lebens dürfte sie nicht nur zusätzlich Informationsspeicher gewesen sein, sondern übernahm womöglich auch die katalytische Rolle eines Enzyms. Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun ein solches RNA-Molekül hergestellt, das bestimmte Kohlenstoff-Verbindungen miteinander verknüpfen kann - und das ganz schön fix.
Die Ribonukleinsäure oder RNA ist eine enge Verwandte des Erbmaterials DNA. Bei manchen Viren wie dem HIV besteht sogar die komplette Erbinformation aus RNA. Seit den 1980er Jahren ist zudem bekannt, dass RNA bestimmte chemische Reaktionen deutlich beschleunigen kann – ganz ähnlich wie die Protein-Katalysatoren der Zelle, die Enzyme. Daraus schlossen manche Forscher, dass die ersten Lebewesen in einer "RNA-Welt" entstanden sind, in der Proteine noch keine Rolle spielten.
Wissenschaftler um Michael Famulok von der Universität Bonn haben nun ein derartiges RNA-Enzym oder "Ribozym" entdeckt, das Ketone und Aldehyde aneinanderhängen kann – und das ziemlich flott: In seiner Anwesenheit reagieren die beiden Kohlenstoff-Verbindungen mehr als 4000 Mal so schnell miteinander, als sie es normalerweise tun würden. "Es ist das erste bekannte Ribozym, das diese so genannte Aldol-Reaktion katalysiert", erklärt Famuloks Mitarbeiter Alexander Eisenführ. Die Aldol-Reaktion spielt im Zellstoffwechsel eine wesentliche Rolle, wird dort allerdings von Enzymen katalysiert.
Die Bonner Forscher "angelten" ihr Ribozym aus einem Cocktail von mehreren Billiarden verschiedenen RNA-Molekülen, die sie nach dem Zufallsprinzip hergestellt hatten. Als "Wurm" diente ihnen der Aldehyd, dessen Verknüpfung mit einem Keton das Ribozym katalysieren sollte. Zwar blieben an ihrer "Angel" auch falsche RNA-Moleküle hängen. Nach mehreren Anreicherungsschritten blieb davon jedoch genau eines übrig, das die Aldol-Reaktion katalysieren konnte.
Die Bonner Studie gibt der so genannten RNA-Welt-Hypothese Rückenwind, die der US-Forscher Walter Gilbert 1986 entwickelt hat. Danach waren die ersten "Lebewesen" auf der Erde RNA-Moleküle, die sich dank ihrer katalytischen Eigenschaften selbst vervielfältigen konnten. In heutigen Zellen fungieren dagegen bestimmte Proteine als DNA-Kopierer. Die "Bauanleitung" dieser Kopierer steht wiederum in den Erbanlagen. Sprich: Ohne Proteine keine DNA, ohne DNA keine Proteine – ein klassisches Henne-Ei-Paradoxon. Seit den 1980er Jahren weiß man aber, dass es in der Zelle Ribozyme gibt, die ebenfalls chemische Reaktionen beschleunigen können. Seitdem scheint es auch denkbar, dass sich RNA – wie von Gilbert angenommen – selbst replizieren kann. Zwar ist ein solches RNA-Molekül trotz intensiver Suche bis heute nicht gefunden worden, doch zeigt die Entdeckung der Bonner Wissenschaftler, dass Ribozyme prinzipiell bestimmte Stoffwechsel-Reaktionen katalysieren können, was in einer RNA-Welt ohne Proteine ebenso nötig gewesen sein müsste wie die Selbstreplikation.
Warum die Natur dennoch zur Arbeitsteilung überging, ist einfach zu verstehen: DNA ist wesentlich weniger reaktiv und damit stabiler als RNA. Daher eignet sie sich besser zur langfristigen Speicherung von Informationen. "Proteine wiederum sind außerordentlich vielgestaltig", sagt Eisenführ. "Sie können sicherlich mehr chemische Reaktionen katalysieren als RNA – und das auch noch wesentlich effektiver."
Wissenschaftler um Michael Famulok von der Universität Bonn haben nun ein derartiges RNA-Enzym oder "Ribozym" entdeckt, das Ketone und Aldehyde aneinanderhängen kann – und das ziemlich flott: In seiner Anwesenheit reagieren die beiden Kohlenstoff-Verbindungen mehr als 4000 Mal so schnell miteinander, als sie es normalerweise tun würden. "Es ist das erste bekannte Ribozym, das diese so genannte Aldol-Reaktion katalysiert", erklärt Famuloks Mitarbeiter Alexander Eisenführ. Die Aldol-Reaktion spielt im Zellstoffwechsel eine wesentliche Rolle, wird dort allerdings von Enzymen katalysiert.
Die Bonner Forscher "angelten" ihr Ribozym aus einem Cocktail von mehreren Billiarden verschiedenen RNA-Molekülen, die sie nach dem Zufallsprinzip hergestellt hatten. Als "Wurm" diente ihnen der Aldehyd, dessen Verknüpfung mit einem Keton das Ribozym katalysieren sollte. Zwar blieben an ihrer "Angel" auch falsche RNA-Moleküle hängen. Nach mehreren Anreicherungsschritten blieb davon jedoch genau eines übrig, das die Aldol-Reaktion katalysieren konnte.
Die Bonner Studie gibt der so genannten RNA-Welt-Hypothese Rückenwind, die der US-Forscher Walter Gilbert 1986 entwickelt hat. Danach waren die ersten "Lebewesen" auf der Erde RNA-Moleküle, die sich dank ihrer katalytischen Eigenschaften selbst vervielfältigen konnten. In heutigen Zellen fungieren dagegen bestimmte Proteine als DNA-Kopierer. Die "Bauanleitung" dieser Kopierer steht wiederum in den Erbanlagen. Sprich: Ohne Proteine keine DNA, ohne DNA keine Proteine – ein klassisches Henne-Ei-Paradoxon. Seit den 1980er Jahren weiß man aber, dass es in der Zelle Ribozyme gibt, die ebenfalls chemische Reaktionen beschleunigen können. Seitdem scheint es auch denkbar, dass sich RNA – wie von Gilbert angenommen – selbst replizieren kann. Zwar ist ein solches RNA-Molekül trotz intensiver Suche bis heute nicht gefunden worden, doch zeigt die Entdeckung der Bonner Wissenschaftler, dass Ribozyme prinzipiell bestimmte Stoffwechsel-Reaktionen katalysieren können, was in einer RNA-Welt ohne Proteine ebenso nötig gewesen sein müsste wie die Selbstreplikation.
Warum die Natur dennoch zur Arbeitsteilung überging, ist einfach zu verstehen: DNA ist wesentlich weniger reaktiv und damit stabiler als RNA. Daher eignet sie sich besser zur langfristigen Speicherung von Informationen. "Proteine wiederum sind außerordentlich vielgestaltig", sagt Eisenführ. "Sie können sicherlich mehr chemische Reaktionen katalysieren als RNA – und das auch noch wesentlich effektiver."
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