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News: Molekulare Stützen

Verstopfende Proteinklumpen aus fehlerhaft gefalteten Proteinen müssen nicht sein. Wenn kleine Moleküle an sie binden, können sie ihre korrekte Proteinstruktur aufrecht erhalten, trotz Gendefekt.
Spätestens seit der Forschung über die Alzheimer'sche Krankheit und die neue Creutzfeldt-Jakob-Krankheit hat die Proteinfaltung eine immense Aufmerksamkeit gewonnen. Können sich die Proteine aufgrund eines Fehlers im zugehörigen Gen nicht richtig falten, funktionieren sie nicht. Sie klumpen stattdessen zu nutzlosen Gebilden zusammen und verstopfen so die Zellen mit meist fatalen Folgen: Die Zellen sterben ab.

Auch bei der Großfamilie der familiären Amyloid-Polyneuropathie (FAP) – mit mindestens 80 seltenen Krankheitsbildern – gelten missgefaltete Proteine als Auslöser. Hier ist es das Protein Transthyretin (TTR), welches von der Leber produziert und in den Blutstrom entlassen wird, um Hormone und Vitamin A zu transportieren. Normalerweise zirkuliert TTR im Blut als aktives Tetramer, gebildet aus vier separaten Kopien, die aneinander binden und zusammen den großen Komplex bilden.

Die stabile Viererbindung gerät jedoch ins Wanken, wenn in einem der beiden Gene der Untereinheiten ein Basenfehler vorkommt. Verbinden sich anschließend "normale" und "fehlerhafte" Proteine zum Tetramer, ist der Komplex instabil. Viel leichter fällt nun eine der vier Untereinheiten von der Gesamtstruktur ab. Hat sich das Protein aber erst aus dem Zusammenhalt befreit, faltet es sich falsch zusammen und formiert sich anschließend neu zu den gefahrbringenden amyloiden Fibrillen.

Doch das fehlerhafte Zusammenfalten muss trotz Gendefekt nicht sein, wie Jeffery Kelly und seine Kollegen vom Scripps Research Institute herausfanden. Statt erst im Stadium der Fibrillenbildung einzusetzen und diese zu verhindern, setzen die Forscher auf ein früheres Eingreifen. Denn die einzelnen Untereinheiten des Proteins Transthyretin lassen sich durch kleine Moleküle gerne stützend unter die Arme greifen.

Bereits letztes Jahr veröffentlichte das Team Ergebnisse, in denen der Einbau einer stützenden "Suppressor-Untereinheit" die Stabilität des Tetramers verdoppelt. Nun zeigt sich, dass auch kleine Moleküle ganze Arbeit leisten. Kelly und sein Team stießen auf sechs Substanzen, die ebenso erfolgreich die Bildung tödlicher amyloider Fibrillen verhindern konnten wie eine ganze "Suppressor-Untereinheit". Die Winzlinge binden dabei an den Komplex und stabilisieren ihn. So fällt es den Untereinheiten schwerer abzufallen und sich anschließend fälschlich zu falten.

Bei einer der positiv getesteten Substanzen handelt es sich um ein bereits zugelassenes Medikament. Diflunisal wird als Entzündungshemmer bei der Behandlung von Arthritis eingesetzt. Als nächstes wollen die Forscher die Wirksamkeit des Medikaments in ersten klinischen Studien – zunächst an Gesunden, dann an Erkrankten – testen.

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