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Medikament gegen Hirnabbau: Monoklonaler Antikörper wirkt gegen Alzheimer

Die Therapie ist nur mäßig wirksam und hat schwere Nebenwirkungen. Ihr Erfolg bestätigt jedoch, dass Medikamente die Ursache der Krankheit bekämpfen können.
Alzheimer
Schädliche Proteinverklumpungen, die amyloiden Plaques, reichern sich bei Alzheimer im Gehirn an und zerstören Nervenzellen. Erfolgreiche Versuche, mit Antikörpern gegen die Proteine vorzugehen, deuten darauf hin, dass sie tatsächlich die Ursache der Krankheit sind – und man sie behandeln kann.

Das Antikörper-Medikament Donanemab, das an eine spezielle Form des Proteins Beta-Amyloid (Aβ) bindet, verlangsamt messbar das Fortschreiten der Alzheimerdemenz. Das geht aus vorläufigen Ergebnissen einer Phase-III-Studie mit dem Medikament hervor, die das Pharmaunternehmen Eli Lilly in einer Pressemitteilung veröffentlicht hat. Demnach schritt die Erkrankung bei 47 Prozent der Teilnehmenden nicht messbar weiter fort, im Vergleich zu 29 Prozent der Kontrollgruppe. Die Fähigkeit Betroffener, Alltagsaufgaben auszuführen, sei um 40 Prozent langsamer zurückgegangen, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Es seien allerdings auch schwere Nebenwirkungen aufgetreten. Die Ergebnisse sind noch nicht unabhängig begutachtet in einer Fachzeitschrift erschienen.

Der Wirkstoff zielt auf Pyroglutamat-Aβ, ein für Hirnzellen giftiges Proteinfragment. Es taucht in den für Alzheimer typischen Proteinablagerungen, Plaques genannt, auf. Diese amyloiden Plaques stehen im Verdacht, die Schäden im Gehirn hervorzurufen und damit den für die Krankheit charakteristischen Verlust der geistigen Fähigkeiten zu verursachen. Bisher waren jedoch die meisten Medikamente, die auf diesen Mechanismus zielen, wirkungslos. Donanemab verringerte in den Studien die Menge der amyloiden Plaques im Gehirn, bei 71 Prozent der Versuchspersonen waren die gemessenen Werte für die Proteinansammlungen wieder normal. Dass der Antikörper gleichzeitig den geistigen Verfall verlangsamt, stützt die wegen der Misserfolge bei der Behandlung immer wieder angezweifelte Hypothese, dass die amyloiden Plaques eine wesentliche Rolle bei Alzheimer spielen.

Der Erfolg des monoklonalen Antikörpers bestätigt andere positive Resultate mit Antikörpern gegen die Plaques. So reduziert das 2023 in den USA zugelassene Antikörperpräparat Lecanemab, das an Aβ bindet und dadurch die Bildung von Plaques verhindert, das Fortschreiten der Demenz im Mittel um 27 Prozent. Donanemab ist laut den vorläufigen Studienergebnissen deutlich effektiver, weil es die Plaques abbaut. Allerdings ist der Effekt bisher relativ gering, und vermutlich nützen solche Medikamente vor allem Betroffenen in einer frühen Phase der Erkrankung. Am stärksten profitierten jene Menschen, die nur moderate Ablagerungen des Tau-Proteins im Gehirn haben – das Protein zeigt die Schwere der Erkrankung und ihr Fortschreiten an.

Daneben vermeldet Eli Lilly schwere Nebenwirkungen. Bei einem Viertel der Behandelten traten Schwellungen des Gehirns auf, bei einem Drittel Hirnblutungen – ein Problem, das häufig bei Antikörpertherapien gegen amyloide Plaques auftritt. Bei Donanemab erwiesen sie sich außerdem als stärker als bei Lecanemab. Von den insgesamt 1736 Versuchspersonen starben zwei an diesen Komplikationen, eine weitere mutmaßlich im Zusammenhang damit. Deswegen wird eine Behandlung mit dem Antikörper auch nach erfolgter Zulassung eine schwierige Entscheidung, die im Einzelfall getroffen werden muss. Der größte Fortschritt durch die Antikörper ist der Nachweis, dass man Alzheimer ursächlich behandeln kann, so dass zukünftige Medikamente nach dem Vorbild dieses Wirkmechanismus maßgeschneidert werden können.

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