Moral: Frühere Vergehen lassen Gutes schlechter aussehen
Ein Mann rettet eine Katze aus einem brennenden Haus und bringt sich dabei selbst in Lebensgefahr. Inwiefern ist das eine Heldentat? Die Antwort darauf verändert sich, je nachdem, was über die Vergangenheit des Mannes bekannt ist: Menschen bewerten Akte mit guter Moral schlechter, wenn eine Person sie ausführt, die in der Vergangenheit verwerflich gehandelt hat. Das zeigt eine aktuelle Veröffentlichung in »Frontiers of Psychology«.
Darin belegen John Protzko von der Central Connecticut State University und Jonathan Schooler von der University of California in Santa Barbara diesen Effekt der »moralischen Kontamination«. Die Forschenden führten ingesamt neun Experimente mit knapp 4000 Versuchspersonen durch. Alle liefen nach einem ähnlichen Prinzip ab: Die Teilnehmenden lasen zunächst jeweils verschiedene Hintergrundgeschichten über einen Mann. Mal war er ein ehrenamtlicher Helfer, mal ein Drogendealer oder ein Serienvergewaltiger. Dann sollten sie eine bestimmte Handlung moralisch bewerten. Bei einem Teil der Versuchspersonen hielt der Mann einer älteren Dame die Tür auf, in einer anderen Variante jagte er einem Taschendieb hinterher oder rettete eine Katze aus einem brennenden Haus.
Die Befragten bewerteten zwar alle Taten als moralisch gut, jedoch vergaben sie weniger Punkte, wenn der Akteur eine verwerfliche Vergangenheit hatte. Je unmoralischer die bisherigen Taten der Person waren, desto schlechter bewerteten die Befragten die Handlung, um die es aktuell ging – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Bei herausragenden Heldentaten beobachteten John Protzko und Jonathan Schooler keine moralische Kontamination. Stieß ein Mann einen Kinderwagen gerade noch rechtzeitig vor einem herannahenden Auto weg, war den Versuchspersonen die Hintergrundgeschichte egal. Der umgekehrte Effekt trat hingegen nicht auf: Unmoralisches Verhalten verurteilten die Probanden gleichermaßen, egal ob eine gute oder schlechte Person dahintersteckte.
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