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News: Mücke und Missetäter

Wie ein offenes Buch liegen nun der Malariaerreger Plasmodium falciparum und sein Überträger, die Stechmücke Anopheles gambiae, vor den Wissenschaftlern: Ihr Genom ist entziffert. Nun gilt es, darin versteckte neue Ansätze im Kampf gegen die gefährliche Krankheit zu finden.
Der Mensch machte den Anfang, nun sind mit Plasmodium falciparum und Anopheles gambiae die anderen Beteiligten im tödlichen Spiel Malaria Buchstabe für Buchstabe bekannt. Zahlreiche Arbeitsgruppen hatten sich weltweit der mühsamen Aufgabe gewidmet, das Erbgut des Parasiten und der Stechmücke nach der so genannte Shotgun-Methode in einzelne Stücke zu zerlegen, zu sequenzieren und die entzifferten Abschnitte hinterher anhand überlappender Sequenzen wieder zusammenzufügen. Nun werden die Ergebnisse, die teilweise schon im Internet verfügbar waren, und zahlreiche daran geknüpfte Erkenntnisse gleichzeitig in den Wissenschaftsmagazinen Nature und Science veröffentlicht.

1996 begann ein internationales Konsortium von Wissenschaftlern unter Leitung des Institute for Genomic Research, die 14 Chromosomen des gefährlichsten Malariaerregers, Plasmodium falciparum, genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit etwa 23 Millionen Basenpaaren und etwa 5300 Genen handelt es sich nicht um ein besonders großes Genom – die Taufliege Drosophila melanogaster nennt 165 Millionen Basenpaare mit geschätzt 14 000 Genen ihr Eigen, die aber deutlich schneller sequenziert wurden. Warum also haben die Forscher so lange gebraucht?

Die Schwierigkeiten begannen bereits beim Auftrennen der Chromosomen – drei Exemplare hielten fest zusammen und konnten daher nur als Gesamtheit bearbeitet werden. Das nächste Problem steckte in der Basenabfolge selbst: Über 80 Prozent der Buchstaben setzten sich aus A für Adenosin und T für Tyrosin zusammen, die häufig ohne Abwechslung aufeinander folgten. Hiermit die einzelnen Stücke anhand überlappender Sequenzen wieder aneinanderzusetzen, erwies sich als ausgesprochen schwierig [1].

Der Vergleich der aufgespürten Gene mit Sequenzen anderer Organismen war etwas ernüchternd. Zwar konnten die Forscher viele der grundlegenden Stoffwechselwege des Parasiten damit nachbilden, doch 60 Prozent der aus den DNA-Sequenzen abgeleiteten Proteine ließ sich keine Funktion zuordnen. Darin liegt aber auch eine Spur von Hoffnung: Proteine, die im menschlichen oder im tierischen Körper kein entsprechendes Gegenstück haben, könnten sich als Angriffsziele für neue Bekämpfungsmethoden erweisen. Viele der spezifisch vorkommenden Enzyme sind im Apicoplasten beheimatet, einem Zellkompartiment, das nur in dem Malariaerreger und dem ebenfalls parasitischen Einzeller Toxoplasma gondii vorkommt.

Auch die Rekonstruktion der Basenabfolge von Anopheles gambiae ging nicht so einfach vonstatten. Probleme bereiteten den Wissenschaftlern um Robert Holt von Celera Genomics hier die große genetische Variabilität im Genom des untersuchten Mückenklons. Bisher konnten daher erst etwa 84 Prozent der 278 Millionen Basenpaare ihrem Platz auf einem der drei Chromosomen zugeordnet werden. Durch den Vergleich mit bekannten Sequenzen spürten die Forscher schließlich 13 683 Gene auf [2].

Außerdem analysierten Holt und seine Kollegen, welche Gene bei einem Weibchen nach einer Blutmahlzeit aktiv sind. Offenbar wird dadurch das Ablesen von Erbanlagen angekurbelt, deren Produkte in der Signalübermittlung, Verdauungsprozessen, der Fettsynthese und -transport sowie der Eiproduktion eine Rolle spielen. Andere Gene, die an der Muskelkontraktion, dem Sehvermögen oder der inneren Uhr beteiligt sind, wurden hingegen herunter reguliert.

Im nächsten Schritt wird es nun darum gehen, wichtige Informationen aus dem Material herauszupicken und daraus neue Methoden im Kampf gegen Malaria zu finden. So entkommt Plasmodium dem menschlichen Immunsystem, indem es auf seiner Oberfläche ständig wechselnde Varianten bestimmter Proteine präsentiert und die Abwehr dadurch in die Irre lenkt. Nun aber sind die entsprechenden Sequenzen bekannt – vielleicht lassen sie sich nutzen, dem Erreger nun selbst ein Schnippchen zu schlagen.

Und auch das Genom des Überträgers bietet einige Ansatzpunkte. So haben beispielsweise Forscher um Laurence Zwiebel von der Vanderbilt University in der Gensammlung etliche Sequenzen aufgedeckt, die sich als Achillesferse der Stechmücke erweisen könnten: Sie codieren für Rezeptoren, die im sensorischen System der Tiere wichtige Aufgaben übernehmen – und somit auch mit dafür verantwortlich sind, wie die Stechmücken ihre menschlichen Ziele aufspüren. Vielleicht ließe sich ja diese "Nase" für den Blutgeruch ausschalten [3].

Alles in allem werten die Forscher ihr Ergebnis zwar als großen Erfolg, sehen die Aussichten für die medizinische Forschung aber vorsichtig und kritisch. "Kurzfristig gesehen werden die Genomsequenzen allein den Malariaerkrankten wenig Erleichterung bringen", meinen die Bearbeiter des Plasmodium-Genoms. Sie schließen jedoch mit den Worten: "Wir hoffen und erwarten, dass Forscher weltweit die Informationen und biologischen Einblicke nutzen werden, die sich aus den vollständigen Genomsequenzen ergeben, um damit die Suche nach Mittel gegen Krankheiten voranzutreiben, welche die schwächsten Mitglieder der Weltbevölkerung betreffen." 2800 Kinder sterben täglich allein in Afrika an der Krankheit.

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