Mutterschaft: Mütter sind nicht zwingend unaufmerksamer als andere Frauen
Schlüssel weg, Handy verlegt: Studien belegen, dass Schwangere und Stillende häufiger Dinge vergessen. Manche berichten über Wortfindungsstörungen. Einen wissenschaftlich klingenden Begriff gibt es dafür entsprechend: Schwangerschaftsdemenz. Doch falls es sie gibt, wie lange dauert sie an?
Eine neue Untersuchung legt nahe, dass es um die Aufmerksamkeit von Müttern nicht schlechter bestellt ist als um die anderer Frauen. Tatsächlich sei sie in manchen Situationen sogar ausgeprägter, wie es online in der Zeitschrift »Current Psychology« heißt.
An dieser Stelle sei angemerkt: Das Phänomen ist keineswegs mit dem schweren und degenerativen Syndrom der Demenz vergleichbar. Wegen einer Schwangerschaft sterben Gehirnzellen nicht unwiederbringlich ab – der Begriff ist entsprechend irreführend. Es geht hier um leichte Erinnerungslücken.
Vergleich zwischen 60 Müttern und 70 weiteren Frauen
Schon mehrfach haben Wissenschaftler die kognitiven Auswirkungen einer Schwangerschaft erforscht. Oft allerdings untersuchten sie Mütter während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt. In einer Zeit also, in der sich Hormone und Schlafmangel auf die Konzentrations- und Erinnerungsfähigkeit auswirken können. Doch nur eine Hand voll Forscher haben die mütterliche Zuwendung speziell untersucht. Nun auch die Psychologin Valerie Tucker Miller und ihre Kolleginnen. Das Team hat die Reaktionszeiten von 60 Müttern, die vor mindestens einem Jahr ein Kind geboren hatten, mit jenen von 70 Frauen ohne Kinder verglichen.
Was gegen kurzfristige Vergesslichkeit hilft
Leichter gesagt als getan, aber: Versuchen Sie, so oft wie möglich zur Ruhe zu kommen und mal an sich selbst zu denken. Konkret bedeutet das
- Stress vermeiden und schlafen, wann immer es möglich ist (wenn das Kind schläft),
- vollwertige und regelmäßige Mahlzeiten zu sich nehmen,
- viel trinken.
Das heißt auch, Aufgaben im Haushalt abzugeben und den Partner oder die Partnerin so weit wie möglich einzubinden.
»Wie müde fühlen Sie sich?«, das war eine der Fragen, die die Studienteilnehmerinnen beantworten sollten. Eine weitere: »Wie hoch schätzen Sie Ihre Aufmerksamkeit ein?« Ausgewertet haben die Forscherinnen die Daten anschließend anhand einer Sieben-Punkte-Skala. Zudem wurde die Reaktionszeit der Probandinnen in einem Computertest geprüft. Das Ergebnis: Die Mütter waren im Vergleich mit den teilnehmenden »Nichtmüttern« gleich gut oder besser.
Das bedeute, Frauen sei ihr kognitiver Zustand bewusst. »Bedenken bezüglich ihrer wahrgenommenen Aufmerksamkeitsleistung sollten ernst genommen werden«, sagt die Mitautorin Amanda Veile in einer Pressemitteilung der Purdue University. Gleichzeitig sei die »Schwangerschaftsdemenz« womöglich ein kulturelles Phänomen: »Es kann sein, dass Mütter sich am meisten abgelenkt und vergesslich zeigen, wenn sie sich gestresst, überfordert und unzureichend unterstützt fühlen.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.