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Mundfauna: Zahnbakterien halfen bei der Evolution des Menschen

Die Bakteriengemeinschaft auf den Zähnen von Schimpansen, Brüllaffen, Eiszeitmenschen und Neandertalern ist sich erstaunlich ähnlich. Am Ende der Eiszeit beginnt sich das zu ändern, aus guten Gründen.
An den Zähnen von Gorillas sind typische Spuren bakterieller Besiedlung zu erkennen

Wenn man nach Unterschieden zwischen Menschen und Affen sucht, dann denkt man nicht zuallererst an die Bakterien im Mund und auf den Zähnen. Dabei gibt es auch hier spannende Unterschiede zu entdecken, wie ein Forscherteam um James Fellows Yates vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte nun in einer Veröffentlichung in »PNAS« belegt. Die Mundfauna hat sich demnach während der Humanevolution vor allem in einem Punkt gegenüber den Linien der afrikanischen Menschenaffen und der neuweltlichen Brüllaffen verändert: Moderne Menschen haben Bakterien, die helfen, stärkehaltige Nahrung zu verdauen.

Die Forscher haben mit Metagenomanalysen die Zusammensetzung des typischen Biofilms auf den Zähnen von 124 verschiedenen Arten untersucht: von lebenden Arten wie dem Menschen und verschiedenen Affen, aber auch Genomspuren von Bakterien auf den Zähnen der ausgestorbenen Neandertaler und von in der Eiszeit lebenden Menschen. Dabei zeigten sich große Übereinstimmungen. Eine Kerngruppe von zehn Bakteriengattungen scheint generell typisch für die Mundbesiedlung durch Keime in der Gruppe der Affen und Menschen. Diese offenbar evolutionsgeschichtlich alten Besiedler finden sich ebenfalls auf den Zähnen der Brüllaffen, einem verwandtschaftlich weiter entfernten Zweig. Die Linien dieser Kerngruppe von Mundkeimen dürften schon in einem gemeinsamen Vorfahren der Trocken- und Feuchtnasenaffen-Großgruppen vor 40 Millionen Jahren eine Rolle gespielt haben.

Zudem gibt es auffallende Unterschiede in der Mundfauna von Menschen und Schimpansen, die ab der jüngeren Eiszeit in Europa einzusetzen begann: Hier beginnt die Mundfauna der Menschen deutlich größere Anteile von Streptococcus-Arten aufzuweisen. Diese Bakterienarten produzieren das Stärke zerlegende Enzym Amylase; sie halfen damit, stärkehaltige Lebensmittel aus Getreide vorzuverdauen. Wahrscheinlich begann sich die Mundfauna zu verändern, als Menschen vor rund 14 000 Jahren damit begannen, ihre Ernährung umzustellen und mehr stärkehaltige Produkte zu sich zu nehmen. Bei den sonst in puncto Mundfauna ähnlichen, aber älteren Neandertalern ist diese Veränderung nicht zu erkennen. Womöglich hat die Ernährungsumstellung, die angepasste Bakterienfauna und vielleicht das Kochen von stärkehaltiger Nahrung den modernen Menschen erlaubt, mehr Kalorien aus ihrer Nahrung holen zu können.

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