Tinnitus: Musiktherapie hilft, störende Ohrgeräusche wegzusummen
Um Menschen mit Tinnitus zu helfen, haben Forscher vom Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung in Heidelberg eine besonders simple Variante der Musiktherapie entwickelt: Anstatt ihren Patienten bestimmte Musikstücke oder Geräusche vorzuspielen, die die Beschwerden mitunter lindern können, bringen sie ihnen im Rahmen ihrer Neuro-Musiktherapie bei, die heilsamen Töne selbst zu summen. Dieser Ansatz schlägt nicht nur gut an, sondern bewirkt auch in kürzester Zeit positive Umbaumaßnahmen im Gehirn, wie eine Studie von Forschern der Universität des Saarlandes nun zeigt.
Dazu, wie ein Tinnitus entsteht, haben Wissenschaftler unterschiedliche Theorien. Oftmals könnte die Ursache der störenden Ohrgeräusche jedoch darin liegen, dass die Betroffenen bestimmte Töne nicht mehr hören können. Weil das Gehirn diese Töne aber trotzdem erwartet, betreibt es Fehlerkorrektur, indem es die Empfindlichkeit für die betreffenden Frequenzen erhöht. Im schlechtesten Fall entstehen dadurch hyperaktive Nervenzellen, die permanent feuern und Phantomgeräusche erzeugen.
Im Rahmen der Neuro-Musiktherapie lernen die Patienten daher, Töne zu singen oder zu summen, die knapp unterhalb ihrer Tinnitusfrequenz liegen. Da gleichzeitig Ober- und Untertöne mitschwingen, kann das Gehirn den fehlenden Ton rekonstruieren, so die Hoffnung der Forscher. Nach einer fünftägigen Kompaktversion der Therapie, die gleichzeitig mit dem Erlernen verschiedener Entspannungstechniken einherging – auch Stress kann einen Tinnitus verschlimmern –, empfanden 80 Prozent der Probanden die Ohrgeräusche nicht mehr als quälend, bei acht Prozent verschwanden sie sogar ganz.
Überrascht beobachteten die Forscher dabei im Magnetresonanztomografen, wie schnell sich auch das Gehirn im Lauf der Therapie veränderte. Fünf Tage reichten aus, um die Reorganisation von Nervenverbindungen im Hörzentrum der Probanden auszulösen. Dieser Effekt war umso stärker, je deutlicher sich die Symptome der Patienten besserten. Die Wissenschaftler glauben, damit die Ursache für den lang anhaltenden Therapieeffekt gefunden zu haben. Dieser, so berichten die Forscher, bleibe auch drei Jahre nach dem vergleichsweise kurzen Trainingsintervall noch bestehen.
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