Unterwasserformation: Mysteriöse Löcher im Meeresboden entstehen durch Müll
Neu entdeckte, etwa einen Meter tiefe Dellen im Meeresboden entstehen wahrscheinlich durch die gemeinsame Wirkung von Fremdkörpern und Meerestieren. Zu diesem Schluss kommt eine Arbeitsgruppe um Eve M. Lundsten vom Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI). Wie das Team am 9. Dezember 2019 auf der Herbsttagung der American Geophysical Union (AGU) berichtet, bilden sich die kreisförmigen Eintiefungen mit etwa einem Meter Durchmesser, wenn ein fremdes Objekt auf dem sonst flachen und eintönigen Meeresboden zu liegen kommt. Diese Hinterlassenschaften sind sehr attraktiv für Meeresleben: Sie bieten einen harten Untergrund, auf dem sich Tiere und Pflanzen ansiedeln können, und werden so Zentrum einer kleinen Gemeinschaft. Zu diesem Miniatur-Ökosystem gehören auch Fische, die immer wieder das feine Sediment aufwühlen – so wird der Schlick rund um das fremde Objekt langsam durch die Strömung fortgetragen, und eine Delle bildet sich.
Eigentlich kartierte das Team mit Hilfe autonomer Tauchroboter viel größere Löcher: In dem Gebiet vor Kalifornien ist der Boden mit »Pockennarben« übersät. Das sind mehrere Meter tiefe, runde Blessuren mit im Schnitt 175 Meter Durchmesser, die 1999 in Sonaruntersuchungen auftauchten, eventuell auf Methanausbrüche zurückgehen und deshalb als mögliches Problem für geplante Windparks galten. Die Untersuchungen zeigten, dass diese Sorge unberechtigt war – die riesigen Löcher entstanden vor 50 000 Jahren und mehr. Zusätzlich entdeckten die Tauchroboter jedoch völlig unerwartet eine zweite, vom Schiff aus nicht erkennbare Art Löcher: die kleineren, etwa einen Meter tiefen Dellen.
Von denen gibt es auf dem Meeresboden etwa dreimal so viele wie von den großen »pockmarks«, vermutlich insgesamt etwa 15 000 Stück. In rund der Hälfte der von MBARI beobachteten Dellen zeigten die Aufnahmen der Sonden erkennbare Objekte im Zentrum. Das kann – wie bei einer der entdeckten Dellen der Fall – ein Walschädel sein, in vielen Fällen handelt es sich jedoch um Abfälle wie Fischereizubehör, volle Mülltüten, Eimer oder auch einen Koffer. Nur zirka 40 Prozent der Objekte sind natürlichen Ursprungs, 60 Prozent stammen vom Menschen. Das allerdings scheint sie für das Meeresleben keineswegs unattraktiv zu machen, beobachtete Lundstens Team. Dass diese Neusiedler schließlich die Löcher verursachen, folgert die Gruppe aus zwei Beobachtungen: Einerseits haben die Dellen in Strömungsrichtung einen Schweif aus abgelagertem Schlick; andererseits zeigen Aufnahmen von Tauchrobotern, dass Fische das Sediment bei fast jeder Bewegung aufwühlen.
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