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Nervensystem: "Mysteriöse" Neurone bei männlichen Würmern entdeckt

Obwohl das Nervensystem von C. elegans so gut untersucht ist, stießen Forscher nun auf zwei neue Nervenzellen. Sie sorgen dafür, dass die Würmer Sex dem Essen vorziehen.
Künstlerische Darstellung C. elegans Nervensystem

Fadenwürmer der Art Caenorhabditis elegans kommen schon so lange als Modellorganismen in den Neurowissenschaften zum Einsatz, dass Forscher inzwischen im wahrsten Sinn des Wortes jede einzelne ihrer Nervenzellen kennen. Exakt 302 Neurone besitzen die Hermaphroditen unter den Würmern, die Männchen kommen auf ein paar Zellen mehr ("echte" Weibchen gibt es unter ihnen nicht). Umso überraschter waren Wissenschaftler um Arantza Barrios vom University College London nun, als sie bei männlichen C. elegans durch Zufall ein neues Paar Neurone entdeckten, das man bisher offenbar übersehen hatte.

Das Team stieß auf die beiden Zellen, die es auf den Namen "mystery cells of the male" (mysteriöse Zellen der Männchen, MCMs) taufte, als es die Verteilung bestimmter Peptide studieren wollte, die häufig in Neuronen vorkommen. Als die Wissenschaftler diese mit Fluoreszenzmarkern sichtbar machten, leuchteten plötzlich auch zwei Punkte in der Nähe der Nase der Würmer auf, wo eigentlich gar keine Nervenzellen sitzen sollten. Nähere Untersuchungen offenbarten, dass sich diese Zellen nur bei den Männchen entwickeln, wenn diese die Geschlechtsreife erreichen. Die Zellen sind unter anderem für geschlechtsspezifische Lernprozesse verantwortlich und sorgen dafür, dass die Würmer im Zweifelsfall Sex über die Nahrungsaufnahme stellen. Das belegten etwa Verhaltensexperimente, in denen die Forscher die Tiere darauf trainierten, Salz zu meiden, indem sie diese in salzhaltigen Bereichen hungern ließen. Setzten die Wissenschaftler nun einen potenziellen Geschlechtspartner in eine Ecke mit Salz, ignorierten die Männchen ihre Aversion einfach. Hermaphroditen zeigten dieses Verhalten nicht, ebenso wenig wie männliche Würmer, denen die Forscher das neu entdeckte Neuronenpaar zuvor entfernt hatten.

Die MCMs entstehen offenbar aus voll entwickelten Gliazellen, so die Forscher. Dies beobachtete man bei wirbellosen Tieren zum ersten Mal, schreibt "Nature News". Als Nächstes wollen Barrios und ihr Team diesen Vorgang genauer untersuchen und außerdem prüfen, welche Rolle solche Zellen im Hinblick auf Geschlechterunterschiede im Gehirn spielen.

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