Mars: Mysteriöse Wolke über dem Mars
Am 12. März 2012 beobachteten Amateurastronomen eine zunächst kleine Aufwölbung über dem morgendlichen Schattenrand der Marsscheibe. Die Erscheinung wurde in den Folgetagen immer auffälliger, und am 20. und 21. März wurde sie von mindestens 18 unabhängigen Beobachtern in Teleskopen mit Öffnungen zwischen 20 und 40 Zentimetern gesichtet. Das Gebilde ließ sich nicht über dem Zentralmeridian des Planeten beobachten und war auch nicht am abendlichen Rand des Planeten zu sehen. In diesem Zeitraum erreichte diese mysteriöse Wolke eine Höhe von bis zu 250 Kilometern über der Marsoberfläche, die horizontale Erstreckung erfasste ein Gebiet von 500 mal 1000 Kilometern. Die Wolke entwickelte sich in weniger als zehn Stunden.
Keiner der zu dieser Zeit aktiven Marssonden gelang es, das Phänomen zu sichten, obwohl das entsprechende Gebiet auf der Südhalbkugel des Roten Planeten in diesem Zeitraum aufgenommen wurde. Allerdings entstanden diese Bilder am lokalen Nachmittag, als die Wolke auch von der Erde aus nicht mehr zu sehen war. Auch die Durchsuchung der Bildarchive der Raumsonden blieb ohne Erfolg; lediglich auf Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble aus dem Jahr 1997 ließ sich eine ähnliche, aber weniger hohe Wolke erkennen. Aufnahmen von Amateurbeobachtern aus dem Zeitraum von 2001 bis 2014 zeigten immer wieder mal kleinere und nur bis zu 100 Kilometer hoch reichende Wolken. Die auffällige Erscheinung von 2012 ereignete sich über dem südöstlichen Rand der Marsregion Terra Cimmeria auf der stark zerkraterten Südhalbkugel des Mars. Ihre Oberfläche stammt aus der Frühzeit des Sonnensystems von vor mehr als vier Milliarden Jahren.
Nach wie vor haben die Astronomen um Agustin Sanchez-Lavega von der spanischen Universidad del País Vasco keine eindeutige Erklärung für die Beobachtungen. In ihrer in der Wissenschaftszeitschrift "Nature" veröffentlichten Arbeit diskutierten die Forscher zwei Erklärungsansätze. Die erste Theorie geht davon aus, dass diese Wolken aus Staub- und Eispartikeln bestehen. Bei Letzteren müsste es sich entweder um Wasser- oder um Kohlendioxideis handeln. Allerdings ist nach derzeitigem Kenntnisstand über die Eigenschaften und die Zirkulation der dünnen Marsatmosphäre nicht zu erklären, wie sich solche Wolken in einer so großen Höhe bilden können.
Beim zweiten Erklärungsansatz vermuten die Forscher, dass die Wolken in Wirklichkeit extrem helle Auroren, also Polarlichter, sind. Dies ist besonders bemerkenswert, da der Mars kein planetenweites Magnetfeld besitzt. Allerdings gibt es auf seiner Oberfläche Regionen, die relativ starke lokale Magnetisierungen aufweisen. Hier gehen die Planetenforscher davon aus, dass diese in der Frühzeit des Roten Planeten entstanden, als Mars, wie heute noch die Erde, ein Dipolmagnetfeld besessen haben könnte. Dadurch wären in der damals noch heißen Kruste eisenhaltige Minerale magnetisiert worden, die sich nach den Feldlinien ausrichteten und heute wie ein Dauermagnet wirken. Somit ist es denkbar, dass über solchen Regionen lokale Polarlichter in der Hochatmosphäre entstehen. Um allerdings so auffällig von der Erde aus sichtbar zu sein, müssen sie rund 1000-mal heller leuchten als ihre irdischen Gegenstücke.
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