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Artenvielfalt: Nach 140 Jahren: Seltener Singvogel wiederentdeckt

Großschnabel-Rohrsänger
Der Ornithologe Philip Round hat als erster Wissenschaftler seit rund 140 Jahren wieder einen Großschnabel-Rohrsänger (Acrocephalus orinus) gefangen und bestimmt – auf dem Rieselfeld einer Kläranlage bei Bangkok. Zuvor kannte die Fachwelt nur ein einziges Exemplar der Art, das noch dazu im indischen Sutlej-Tal im Bundesstaat Himachal Pradesh im Jahr 1867 gesammelt wurde.

Großschnabel-Rohrsänger | Großschnabel-Rohrsänger: Nach 140 Jahren wurde die verschollene Art erstmals wieder gefunden.
Entdeckt wurde der kleine beige-braune Singvogel während einer Beringungsaktion durch den Forscher der Mahidol-Universität in Bangkok, während der ihm verschiedene der untereinander sehr ähnlichen Rohrsänger ins Netz gingen. Der lange Schnabel und die kurzen Flügel deuteten jedoch auf etwas Besonderes hin, das den anderen Arten nicht zu eigen war.

"Ich war sprachlos. Es war, als würde ich einen lebenden Dodo halten", kommentierte Round seinen Fund, für dessen wasserdichte Bestätigung er zwei Federn für die DNA-Analyse sammelte und zahlreiche Fotos schoss. Der Vergleich mit dem Museumsexemplar erbrachte dann die Gewissheit, dass es sich bei beiden um die gleiche Spezies handelte. Und bestätigt wurde damit auch, dass es sich überhaupt um eine eigene Art und nicht einen Hybriden zweier bekannter Rohrsänger handelt.

Ort des Fundes: ein Rieselfeld bei Bangkok | Als Fundort präsentierte sich ein ordinäres Rieselfeld einer Kläranlage in der Nähe der thailändischen Hauptstadt Bangkok.
Die kurzen Flügel des Großschnabel- Rohrsängers deuten darauf hin, dass es sich wohl eher nicht um einen Zugvogel handelt. Eine von vielen ungelösten Fragen: Bislang weiß man noch nichts über sein Verbreitungsgebiet, geschweige denn sein Verhalten, weshalb die Weltnaturschutzorganisation IUCN ihn mit "zu wenig Daten" klassifiziert.

Und noch rätselhafter erscheint die Art durch einen weiteren Fund, der nahezu zeitgleich im Naturhistorischen Museum von Tring gemacht wurde. Dort entdeckten Mitarbeiter ein falsch ausgezeichnetes Exemplar des Rohrsängers in einer Schublade mit Tieren des verwandten Buschrohrsängers (Acrocephalus dumetorum). Geschossen wurde dieser Vogel ebenfalls in Indien, jedoch in einer Region außerhalb des Sutlej-Tals, was die Größe oder Lage des Verbreitungsgebiets weiter verschleiert.

Für Stuart Butchart von Birdlife International hat es deshalb nun oberste Priorität, die Heimat des Vogels ausfindig zu machen, um eventuell konkrete Schutzmaßnahmen einleiten zu können. Myanmar und Bangladesch – als ungefähre Mitte zwischen dem indischen und dem thailändischen Fund – kämen dafür als potenzielle und wahrscheinliche Herkunftsregion in Frage. (dl)

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