Parasit im Parasiten: Riesenvirus befällt hirnfressende Amöbe
Selbst einer der tödlichsten menschlichen Parasiten wird von unangenehmen Schmarotzern bedroht. Eine Gruppe von sehr ungewöhnlichen Viren befällt den amöbenähnlichen Einzeller Naegleria fowleri, bekannt dafür, durch die Nase ins Gehirn zu wandern und es zu zerstören. Ein Team um Matthias Horn von der Uni Wien fand die neu entdeckte Virenart Catovirus naegleriensis in einer Kläranlage in Klosterneuburg bei Wien. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Communications« berichtet, gehört der Erreger zur rätselhaften Gruppe der Riesenviren. Er tötet seine einzelligen Wirte binnen weniger Stunden. Möglicherweise könne man mit dem Virus Gewässer behandeln, die potenziell mit der gefährlichen Amöbe Naegleria fowleri verseucht sind, sagt Horn laut einer Pressemitteilung der Universität.
Riesenviren sind außerordentlich mysteriöse Organismen, die in mancher Hinsicht eher Zellen ähneln als anderen Viren. Sie sind so groß wie Bakterien, haben eine sehr komplexe Struktur und sind oft von einer Art pelzigen Hülle umgeben. An einer Seite haben sie eine als »Stargate« bezeichnete Öffnung, durch die hindurch ihr Genom aus doppelsträngiger DNA in die Wirtszelle gelangt. Sie besitzen mehrere hundert Gene, und die Struktur ihres Erbguts zeigt Merkmale, die eigentlich typisch für zelluläre Lebewesen sind. Außerdem deuten genetische Analysen darauf hin, dass sie evolutionär älter sind als Eukaryoten, zu denen Amöben und auch Menschen gehören. Bis heute ist umstritten, wie die Riesenviren in den Stammbaum des Lebens einzuordnen sind.
Die Amöben halten die Viren für Nahrung und nehmen sie auf. Im Innern der Wirtszelle angekommen, bauen die Viren dann eine eigene Struktur auf, die so genannte Virusfabrik, in der neue Viruspartikel hergestellt werden. Zugleich halten die Erreger die Amöbe mit Hilfe spezieller Proteine am Leben; erst wenn die nächste Virengeneration produziert worden ist, darf Naegleria sterben. Es sei allerdings unrealistisch, aktive Naegleria-Infektionen mit diesen Viren zu bekämpfen, sagt Horn, da es vermutlich nicht gelinge, die Erreger in ausreichender Menge ins Gehirn hineinzubekommen. »Die Entdeckung ermöglicht aber, gefährdetes Wasser präventiv zu behandeln, zum Beispiel bei der Wasseraufbereitung von Swimmingpools.«
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